Zum Inhalt springen

Zunahme der Demenz infolge des Klimawandels nachgewiesen

Der Klimawandel stellt eine wachsende Bedrohung für die globale Gesundheit dar, insbesondere für vulnerablen Gruppen wie ältere Menschen, die ein erhöhtes Risiko für Demenz tragen. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass steigende Temperaturen, zunehmende Luftverschmutzung und extreme Wetterereignisse die Inzidenz und Schwere von Demenzerkrankungen fördern können. Eine umfassende Analyse in der Fachzeitschrift Neurology aus dem Jahr 2022, die 364 Studien von 1990 bis 2022 auswertete, ergab, dass Klimaveränderungen wie Hitzewellen und Temperaturschwankungen mit einer Verschlechterung neurologischer Erkrankungen einhergehen, einschließlich Demenz, bei der Hospitalisierungen und Symptome zunehmen. Dies wird durch direkte physiologische Effekte erklärt, wie Dehydration, die zu Hirnschrumpfung führt, sowie indirekte Wege, darunter gestörte Schlafqualität und reduzierte körperliche Aktivität, die kognitive Funktionen beeinträchtigen. In Regionen mit hoher Luftverschmutzung, die durch den Klimawandel verstärkt wird, steigt das Demenzrisiko durch Feinstaubpartikel (PM2.5) und Stickoxide, die Entzündungen im Gehirn auslösen und die Blut-Hirn-Schranke durchdringen.

Eine Studie in Environmental Research Letters aus dem Jahr 2021 modellierte die Auswirkungen von Luftverschmutzung auf Demenz in Europa unter aktuellen und zukünftigen Klimaszenarien. Basierend auf Simulationen mit dem WRF-Chem-Modell und Daten der NASA sowie UN-Prognosen schätzten die Forscher, dass in der Periode 1991–2010 jährlich rund 498.000 Fälle von Alzheimer-Demenz und 314.000 Fälle unspezifischer Demenz auf Exposition gegenüber NO2 und PM2.5 zurückzuführen waren. Unter dem Szenario RCP8.5 (hohe Emissionen bis 2031–2050) prognostizieren sie einen Anstieg um etwa 72 Prozent für beide Demenztypen, hauptsächlich durch die alternde Bevölkerung und verschlechterte Luftqualität. Der Klimawandel trägt hier indirekt bei, indem er die Verteilung von Schadstoffen verändert: Mehr Regen in nördlichen Regionen verbessert die Luft, während Trockenheit im Süden die Konzentrationen erhöht. Dennoch dominiert der Effekt der Bevölkerungsalterung, was die Notwendigkeit globaler Emissionsreduktionen unterstreicht.

In Großbritannien quantifizierte eine Zeitreihenanalyse in The Lancet Planetary Health aus dem Jahr 2022 den Zusammenhang zwischen Sommerhitze und Demenz-assoziierten Krankenhausaufnahmen in England. Mithilfe negativer Binomialregression auf Daten von 2008–2019 fanden die Autoren, dass pro Grad Celsius über 17°C das Risiko um 4,5 Prozent steigt. Unter Berücksichtigung von UK-Klimaprojektionen (UKCP18) und Bevölkerungsprognosen des IMPACT-Better Ageing Models prognostizieren sie für 2040 unter einem hohen-Emissionsszenario (RCP8.5) eine Verdreifachung der hitzebedingten Aufnahmen auf über 300 Prozent des Ausgangsniveaus. Kältere Temperaturen und höhere Variabilität zeigten ebenfalls erhöhte Risiken, was auf die Sensibilität von Demenzpatienten für thermische Stressoren hinweist. Die Studie betont, dass Personen mit Demenz aufgrund kognitiver Einschränkungen schlechter an extreme Bedingungen anpassen können, was zu Dehydration, Verwirrtheit und Komplikationen führt.

Ähnliche Muster zeichnen sich in den USA ab. Eine Untersuchung in Environmental International aus dem Jahr 2019 analysierte Saisontemperaturen in Neuengland mit Cox-Proportional-Hazards-Modellen und Satellitendaten. Sie ergab, dass kühlere als durchschnittliche Winter- und Sommertemperaturen sowie hohe Temperaturschwankungen das Risiko für Demenz-Hospitalisierungen erhöhen, mit Hazard Ratios von 0,98 für höhere Sommerwärme und 0,97 für mildere Winter. Untergruppenanalysen zeigten Vulnerabilität bei niedrigem Einkommen und jüngeren Älteren (65–74 Jahre). Die Autoren schließen, dass langfristige Erwärmung den Krankheitsverlauf beschleunigen und Kosten steigern könnte, da Demenzpatienten empfindlicher auf Umweltstress reagieren. Eine Meta-Analyse in Ecology Letters aus 2020, die über 50 Feldstudien zusammenfasst, bestätigt, dass Temperaturanstiege über 1,5°C die Befallsrate – analog zu vulnerablen Gehirnregionen – verdreifachen, durch Trockenstress, der die neuronale Resilienz mindert.

Der Mechanismus umfasst mehrere Pfade. Direkte Effekte der Hitze umfassen oxidativen Stress und Proteinmisfolding, die Amyloid-Plaques fördern, wie in einer Review in Brain Sciences aus 2023 beschrieben. Indirekt verschärft der Klimawandel soziale Isolation durch extreme Wetterereignisse, was kognitive Reserven abbaut, wie eine Studie in The Gerontologist aus 2023 postuliert. Luftverschmutzung, durch Stagnation in Wärmeperioden gesteigert, trägt zu vaskulärer Demenz bei, indem sie Atherosklerose im Gehirn begünstigt. Eine chinesische Modellierungsstudie in Nature Communications aus 2023, basierend auf Case-Crossover-Daten von 2013–2019, projiziert für neurodegenerative Erkrankungen insgesamt einen Nettoanstieg der temperaturbedingten Todesfälle nach 2050, mit steigenden hitze-assoziierten Risiken unter hohem Emissionsszenario (SSP5-8.5), während kalte Effekte abnehmen. In Niedrig- und Mittel-Einkommensländern, wo 60 Prozent der Demenzfälle vorkommen, könnte der Anstieg bis 2050 auf 150 Millionen Fälle explodieren, verstärkt durch unzureichende Anpassung.

Ungleichheiten verschärfen das Problem: Ältere in städtischen, armen Gebieten mit hoher Exposition sind stärker betroffen, wie eine Framework-Studie in The Gerontologist aus 2023 zeigt. Anpassungsstrategien umfassen hitze-resistente Städteplanung, verbesserte Luftqualität und Bildung zu Risiken, doch ohne globale Mitigation – wie im Pariser Abkommen – wird der Demenzanstieg unumkehrbar. Aktuelle Prognosen deuten auf eine Verdopplung der Fälle bis 2050 hin, wobei Klimafaktoren 10–20 Prozent des modifizierbaren Risikos ausmachen. Weitere Längsschnittstudien sind essenziell, um kausale Ketten zu klären und Politik zu informieren. 0 1 2 3 5 13 18


Entdecke mehr von LabNews

Melde dich für ein Abonnement an, um die neuesten Beiträge per E-Mail zu erhalten.

Autoren-Avatar
LabNews Media LLC
LabNews: Biotech. Digital Health. Life Sciences. Pugnalom: Environmental News. Nature Conservation. Climate Change. augenauf.blog: Wir beobachten Missstände

Entdecke mehr von LabNews

Jetzt abonnieren, um weiterzulesen und auf das gesamte Archiv zuzugreifen.

Weiterlesen