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US Brain Drain Made by Donald Trump

Um es vorweg zu sagen: Es liegen derzeit keine belastbaren, konsistenten Daten vor, die es erlauben würden, für einzelne US‑Universitäten oder Bundesinstitutionen verlässlich zu quantifizieren, wo genau die „größten“ Abgänge stattgefunden haben; verfügbar sind vor allem Fallberichte, Stichproben und politische Analysen, die auf einen breiten, aber schwer exakt messbaren Trend hinweisen.[1][2][3] Klar erkennbar ist jedoch, dass sich die Abwanderung vor allem an großen, forschungsstarken Universitäten und in wissenschaftsintensiven Bundesbehörden konzentriert, die besonders stark von den forcierten Umbrüchen der Trump‑Regierungen in Finanzierung, Personalpolitik und Migrationsrecht betroffen sind.[4][5][6]

Politischer Rahmen: Trump 1.0 und Trump 2.0

Mit der ersten Amtszeit Donald Trumps ab 2017 setzte eine politische Kurskorrektur ein, die Wissenschaft und Hochschulen explizit in den Kulturkampf hineinzog und zugleich föderale Förderstrukturen neu ausrichtete.[3][7] Schon in dieser Phase wurden Umwelt- und Klimaprogramme beschnitten, wissenschaftliche Beratungsgremien umgebaut und Einreisebeschränkungen eingeführt, die internationale Forschungskarrieren erschwerten; viele Forschende begannen damals, langfristig über Alternativen im Ausland nachzudenken.[8][9][3]

Die zweite Trump‑Präsidentschaft seit 2025 verschärft diese Entwicklungen deutlich.[5][3] Leitlinien orientieren sich nun stärker an Konzepten wie „Project 2025“, das eine umfassende politische Kontrolle von Bundesbehörden, drastische Kürzungen in missliebigen Forschungsfeldern und eine ideologisch gefärbte Hochschulpolitik vorsieht, was in der Wissenschaft als koordinierter Angriff auf institutionelle Autonomie wahrgenommen wird.[10][7]

Systematische Eingriffe in die Forschungsfinanzierung

Zentrales Steuerungsinstrument sind tiefgreifende Eingriffe in die öffentliche Forschungsfinanzierung.[4][2] Haushaltsentwürfe sehen zum Teil Kürzungen in zweistelliger Prozenthöhe für Schlüsselagenturen wie die National Institutes of Health (NIH) und die National Science Foundation (NSF) vor; zusätzlich soll die Erstattung indirekter Kosten für Universitäten gedeckelt werden, was insbesondere teure Spitzenforschungsstandorte hart träfe.[2][10]

Parallel werden bestimmte Themenfelder explizit ins Visier genommen: Klimaforschung, Umweltregulierung, Public‑Health‑Programme und Projekte mit Diversity‑ oder Gender‑Bezug sind häufiger von Streichungen, Förderstopps oder nachträglichen Überprüfungen betroffen.[11][12][7] Universitäten und Laborleiter, die auf solche Programme angewiesen sind, sehen sich mit kurzfristigen Finanzierungslücken konfrontiert – ein struktureller Anreiz für etablierte Forscher, stabile Langfristförderung in Europa oder Kanada zu suchen.[13][14][15]

Druck auf Hochschulen: Kulturkampf und Steuerhebel

Trump und Teile seines politischen Umfelds rahmen große Eliteuniversitäten als Bastionen „liberaler Eliten“, die politisch „umgebaut“ oder finanziell beschnitten werden müssten.[10][12] Diskutiert werden unter anderem Sondersteuern auf Hochschulstiftungen, Einschränkungen der Steuerbefreiung und Bedingungen an Bundesgelder, die Hochschulen zu bestimmten personal- oder studienpolitischen Entscheidungen drängen sollen.[10][3]

Solche Maßnahmen treffen gerade forschungsintensive Private wie Harvard, MIT, Stanford oder Columbia sowie öffentliche Spitzenuniversitäten mit hohen Drittmitteleinnahmen, etwa die University of California‑Standorte und die University of Washington.[1][4][16] Wo die Deckung von Gebäudekosten, Hochleistungslaboren und IT‑Infrastruktur nicht mehr zuverlässig aus indirekten Kosten oder Stiftungsrenditen gesichert werden kann, drohen mittelfristig Stellenstopps und der Abbau ganzer Forschungsprogramme – ein Szenario, das viele PIs und Nachwuchsgruppenleiter dazu bringt, Angebote aus Europa ernsthaft zu prüfen.[15][2][10]

Migrations‑ und Visapolitik als Hebel

Parallel zur Finanzpolitik verschärfen Maßnahmen im Einwanderungsrecht die Lage international ausgerichteter Forschungseinrichtungen.[17][9] Strengere Prüfung von H‑1B‑Anträgen, unsichere Verlängerungsperspektiven und Debatten um Beschränkungen bei Studierendenvisa erzeugen für ausländische Doktoranden, Postdocs und Junior‑Faculty eine dauerhafte Unsicherheit – und damit auch für die Universitäten, die diese Talente rekrutiert haben.[1][18][6]

Da ein erheblicher Teil der US‑Forschungskraft auf internationalen Wissenschaftlern beruht, trifft diese Politik besonders Graduate Schools und große naturwissenschaftliche Fakultäten führender Forschungsuniversitäten.[1][16] Gleichzeitig werben EU‑Staaten, Kanada, Großbritannien und Deutschland offensiv mit vereinfachten Visa, Tenure‑Track‑Programmen und gezielten „Safe Harbor“-Initiativen um genau jene Forscher, die sich in den USA nicht mehr willkommen oder abgesichert fühlen.[19][20][21]

US Brain Drain Made by Donald Trump Symbolbild Credits Wiki Sinaloa  Unsplash
US Brain Drain Made by Donald Trump Symbolbild Credits Wiki Sinaloa Unsplash

Institutionen mit besonders starkem Druck

Verlässliche Ranglisten fehlen, doch aus Umfragen, Medienberichten und Stellungnahmen lassen sich Gruppen von Institutionen identifizieren, auf die sich der Druck überproportional konzentriert.[1][15][2]

  1. Große forschungsstarke Public Universities
  • Die University of Washington (UW) in Seattle gilt als besonders exponiert, weil sie traditionell zu den größten Empfängern föderaler Fördermittel zählt, unter anderem aus dem Gesundheits- und Umweltbereich.[22][6] Forschende vor Ort berichten von einem einsetzenden „brain drain“, bei dem Kolleginnen und Kollegen aktiv Auslandsoptionen prüfen, nachdem Förderzusagen unsicher geworden sind und einschneidende Budgetkürzungen drohen.[22]
  • Die University of California‑Gruppe (insbesondere Berkeley, San Diego und Davis) ist stark in Klimaforschung, Biomedizin und Umweltwissenschaften engagiert – Felder, die politisch unter Druck geraten sind.[1][3] Werden hier große Verbundprojekte infrage gestellt, kann dies unmittelbar zur Abwanderung kompletter Teams oder zur Verlagerung von Kooperationen an europäische Standorte führen.[13][23]
  1. Private Eliteuniversitäten und Ivy League
  • Universitäten wie Harvard, MIT, Stanford, Columbia oder die University of Pennsylvania stehen im Zentrum der politischen Auseinandersetzung um „liberale Campus‑Kulturen“ und werden zugleich als Großprofiteure staatlicher Forschungsgelder dargestellt.[4][10] Kürzungen, steuerliche Maßnahmen gegen Stiftungen und gezielte Kontrolle von Förderlinien treffen hier auf eine besonders dichte Konzentration internationaler Spitzenforschung und erhöht damit die Wahrscheinlichkeit, dass einzelne hochqualifizierte Forscher abwandern.[14][2]
  • Berichte über bereits vollzogene Abgänge – etwa der Wechsel des Chemikers Alán Aspuru‑Guzik von Harvard nach Toronto – illustrieren, wie selbst bestens etablierte Institutionen in Konkurrenz zu attraktiven Angeboten aus Kanada und Europa geraten, wenn die politische Unsicherheit steigt.[24][14]
  1. R1‑Universitäten im ganzen Land
  • Eine breite Gruppe weiterer „R1“-Hochschulen, darunter große State Universities und technische Universitäten, meldet nach Medienanalysen erhöhte Wechselbereitschaft von Fakultätsmitgliedern, insbesondere in den Lebenswissenschaften und in KI‑nahen Disziplinen.[15][25] Die Kombination aus eingeschränkter Nachwuchsfinanzierung, stagnierenden PhD‑Zahlen und unsicheren Bundesmitteln macht langfristige Karrieren unattraktiver und fördert Abwanderungstendenzen.[16][2]

Bundesbehörden und nationale Forschungsinfrastruktur

Auch wissenschaftsnahe Bundesbehörden und nationale Labore zählen zu den Verlierern des aktuellen Kurses.[26][5]

  • Gesundheit und Seuchenkontrolle: Institutionen wie CDC und Teile der NIH‑Struktur sehen sich mit Stellenstreichungen, Umwidmungen von Programmen und politischer Einflussnahme auf sensible Themen wie Pandemie‑Vorbereitung und Gesundheitskommunikation konfrontiert.[11][12] Für erfahrene Epidemiologen, Virologen und Public‑Health‑Experten werden somit internationale Organisationen, europäische Public‑Health‑Institute oder kanadische Gesundheitsbehörden zu attraktiven Alternativen.[27][6]
  • Klimaforschung und Umweltregulierung: NOAA und EPA verzeichnen nach übereinstimmenden Analysen erhebliche Einschnitte in Klimamodellierungs‑, Emissions- und Überwachungsprogrammen.[26][3] Werden ganze Programmteile gestrichen oder inhaltlich umgesteuert, verlieren Forschungsteams ihre institutionelle Basis und orientieren sich in Richtung EU‑Zentren, UN‑Programme oder nationale Wetter‑ und Umweltbehörden anderer Staaten.[13][20]
  • Nationale Laboratorien und Raumfahrt: In Teilen des DOE‑Labornetzwerks und bei NASA‑Einrichtungen entstehen durch Prioritätenverschiebungen – etwa zugunsten militärnaher Anwendungen – Lücken in der Grundlagenforschung.[5][3] Hochspezialisierte Physiker und Ingenieure, die auf langfristige, wissenschaftsgetriebene Programme angewiesen sind, finden entsprechende Strukturen zunehmend in Europa oder Ostasien.[15][28]

Internationale Reaktionen und Abwerbestrategien

Während die USA ihre innenpolitischen Konflikte auf dem Rücken der Wissenschaft austragen, betrachten andere Staaten die Situation als strategische Gelegenheit.[13][14][21]

  • Die Europäische Union positioniert sich offen als „Hafen“ für unzufriedene US‑Forscher und bündelt Programme von ERC, nationalen Förderern und Exzellenzclustern, um kurzfristig Stellen zu schaffen und internationale Rekrutierung zu erleichtern.[19][21] Besonders Deutschland, Frankreich und die nordischen Länder werben offensiv mit verlässlicher Grundfinanzierung, akademischer Freiheit und planbaren Visaregeln.[19][20]
  • Kanada nutzt seine Nähe zu den USA sowie eine vergleichsweise liberale Einwanderungspolitik und etabliert schnelle Berufungsverfahren für entlassene oder verunsicherte US‑Forscher, vor allem in Biomedizin und KI.[29][6] Universitäten wie Toronto, UBC oder McGill berichten von einem deutlichen Anstieg exzellent qualifizierter Bewerbungen aus US‑Institutionen.[29][15]
  • Auch Großbritannien, obwohl selbst von Brexit‑Folgen betroffen, und asiatische Wissenschaftsstandorte – insbesondere in Singapur, Südkorea und China – intensivieren ihr Targeting US‑amerikanischer Spitzenkräfte, mit hoch dotierten Startpaketen und Zugang zu großen Infrastrukturprojekten.[14][30][28]

Langfristige Risiken für die USA

Politische Analysen warnen, dass der aktuelle Kurs zu einem historischen Bruch in der Entwicklung der US‑Wissenschaft führen könnte.[2][10] Über Jahrzehnte bauten die Vereinigten Staaten ihre Führungsrolle auf einem dichten Netz aus exzellent finanzierten Hochschulen, offener Einwanderung für Talente und autonomen Bundesagenturen auf – ein System, das nun durch Budgetkürzungen, politische Einflussnahme und Kulturkampfrhetorik zugleich unterminiert wird.[4][2][12]

Ein anhaltender Abfluss von Spitzenforschern aus genau jenen Institutionen, die den Kern dieses Modells bilden – große Forschungsuniversitäten und wissenschaftsnahe Bundesbehörden – würde nicht nur kurzfristig Projekte gefährden, sondern auch mittelfristig die Ausbildungsströme, Innovationscluster und Unternehmensgründungen schwächen.[2][28][10] Andere Weltregionen bereiten sich hingegen ausdrücklich darauf vor, diese Lücke zu nutzen und eine eigene, dauerhafte Spitzenposition im globalen Wissenschaftssystem aufzubauen.[13][14][21]

Quellen:
[1] 75% of US scientists who answered Nature poll consider leaving https://www.nature.com/articles/d41586-025-00938-y
[2] A brain drain would impoverish the United States and diminish world … https://www.nature.com/articles/d41586-025-00992-6
[3] The dismantling of US science: can it survive Trump 2.0? – Nature https://www.nature.com/articles/d41586-025-01381-9
[4] U.S. Scientists Warn That Trump’s Cuts Will Set Off a Brain … https://www.nytimes.com/2025/06/03/us/trump-federal-spending-grants-scientists-leaving.html
[5] How Trump 2.0 is reshaping science – Nature https://www.nature.com/collections/jcjhabjhgi
[6] How a Trump-fueled brain drain could be the rest of the world’s brain … https://www.cnn.com/2025/06/01/world/trump-brain-drain-harvard-intl-hnk
[7] How Trump is following Project 2025’s radical roadmap to … – Nature https://www.nature.com/articles/d41586-025-00780-2
[8] Trump cuts fuel research brain drain, young scientists look abroad https://www.statnews.com/2025/02/12/trump-cuts-medical-research-brain-drain-young-scientists-see-better-opportunity-abroad/
[9] Dismantling and Reconstructing the U.S. Immigration System https://www.migrationpolicy.org/research/us-immigration-system-changes-trump-presidency
[10] America’s Coming Brain Drain: Trump’s War on Universities Could … https://reif.mit.edu/speeches-writing/america%E2%80%99s-coming-brain-drain-trump%E2%80%99s-war-universities-could-kill-us-innovation
[11] Take Nature’s poll: How will Trump’s policies affect US science? https://www.nature.com/articles/d41586-025-01031-0
[12] In the face of anti-science politics, silence is not without cost – Nature https://www.nature.com/articles/d41586-025-01966-4
[13] Insight: Brain drain? Trump cutbacks force scientists to seek jobs in … https://www.reuters.com/world/scientists-us-harried-by-trump-cuts-turn-towards-europe-2025-04-11/
[14] The World Is Wooing U.S. Researchers Shunned by Trump https://www.nytimes.com/2025/05/14/business/economy/trump-research-brain-drain.html
[15] Overseas universities see opportunity in U.S. ‚brain drain‘ – Science https://www.science.org/content/article/overseas-universities-see-opportunity-u-s-brain-drain
[16] US PhD admissions shrink as fears over Trump’s cuts take hold https://www.nature.com/articles/d41586-025-03417-6
[17] What a second Trump presidency could mean for foreign scientists https://www.npr.org/transcripts/1218396326
[18] Trump’s immigration policy could affect chemistry students … – C&EN https://cen.acs.org/policy/Trumps-immigration-policy-could-affect-chemistry-students-and-workers/103/i1
[19] Europe scrambles to help researchers escape Trump | Science https://sciencebusiness.net/news/international-news/europe-scrambles-help-researchers-escape-trump
[20] Dear US researchers: Welcome to Germany! https://www.dw.com/en/dear-us-researchers-welcome-to-germany/a-72058292
[21] Europe could be a ‚haven‘ for US researchers, says ERC … https://sciencebusiness.net/news/international-news/europe-could-be-haven-us-researchers-says-erc-president
[22] Washington scientists say ‚brain drain‘ has begun as researchers … https://www.kuow.org/stories/washington-scientists-say-brain-drain-has-begun-as-researchers-consider-moving-abroad-amid-trump-cuts
[23] US scientists look to Europe in wake of Trump funding cuts – Semafor https://www.semafor.com/article/03/28/2025/us-scientists-look-to-europe-in-wake-of-trump-funding-cuts
[24] These scientists left the US in Trump’s first term: their tips … https://www.nature.com/articles/d41586-025-02895-y
[25] The great poaching: America’s brain drain begins – Axios https://www.axios.com/2025/06/07/us-science-brain-drain
[26] American science to soon face its largest brain drain in history https://bigthink.com/starts-with-a-bang/american-science-brain-drain/
[27] US Science Policy Shifts Drive Talent to Europe https://www.jobbatical.com/blog/trumps-science-policies-researchers-europe
[28] Nature Index 2025 Research Leaders: Western institutions lose long … https://www.nature.com/nature-index/research-leaders/2025/nature-index-2025-research-leaders-western-institutions-lose-long-held-top-spots.html
[29] Top American scientists just lost their jobs. Canada is rolling out the … https://www.cbc.ca/news/health/us-scientists-canada-1.7502527
[30] Countries race to recruit U.S. scientists disillusioned by Trump policies https://en.people.cn/n3/2025/0501/c90000-20309993.html
[31] Top researchers consider leaving U.S. amid funding cuts – PBS https://www.pbs.org/newshour/show/top-researchers-consider-leaving-u-s-amid-funding-cuts-the-science-world-is-ending
[32] How Trump 2.0 Is Reshaping Science | PDF | Women’s Health – Scribd https://www.scribd.com/document/878987339/How-Trump-2-0-is-Reshaping-Science
[33] The second Trump administration: A policy analysis of … https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S016885102500106X


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