Eine groß angelegte Studie unter Leitung von Professorin Martina Sester von der Universität des Saarlandes und Professor Christoph Lange vom Forschungszentrum Borstel, Leibniz Lungenzentrum, zeigt, dass der weit verbreitete „QuantiFERON-TB-Gold-Plus“-Test (QFT+) bei immungeschwächten Personen nur eingeschränkt aussagekräftig ist. Die Untersuchung, veröffentlicht im Fachjournal The Lancet Regional Health – Europe, wurde in elf europäischen Ländern durchgeführt und ist die bisher größte multizentrische Studie dieser Art.
Tuberkulose, einst als „Schwindsucht“ bekannt, ist in Europa selten, bleibt jedoch für Menschen mit geschwächtem Immunsystem – etwa nach Organtransplantationen oder bei HIV-Infektionen – gefährlich. Weltweit tragen etwa 25 Prozent der Menschen den Erreger Mycobacterium tuberculosis in sich, der meist inaktiv bleibt. Bei Immungeschwächten kann sich der Erreger jedoch leichter vermehren, was eine zuverlässige Diagnostik essenziell macht.
Der QFT+-Test, der die Immunantwort auf den Tuberkulose-Erreger misst, gilt als Standardmethode, um eine Infektion oder aktive Erkrankung nachzuweisen. Bei immungeschwächten Personen, deren Immunsystem etwa durch Medikamente oder HIV geschwächt ist, liefert der Test jedoch häufig falsch-negative Ergebnisse, da die Immunantwort abgeschwächt ist.
Die Studie untersuchte von 2015 bis 2019 über 2600 Patienten an 21 medizinischen Zentren in elf Ländern. Darunter waren 1788 immungeschwächte Personen mit Organ- oder Stammzelltransplantation, rheumatoider Arthritis, chronischer Niereninsuffizienz oder HIV sowie 861 immungesunde Personen als Kontrollgruppe. Die Ergebnisse zeigen, dass der QFT+-Test weder für die Diagnose einer aktiven Tuberkulose noch für die Vorhersage eines Erkrankungsrisikos ausreichend zuverlässig ist. Selbst bei positiven Testergebnissen ohne präventive Therapie entwickelte sich in den zwei Jahren der Nachbeobachtung kaum eine aktive Tuberkulose, mit Ausnahme vereinzelter Fälle bei HIV-Positiven.
Die Forscher betonen, dass der QFT+-Test die Anforderungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für eine zuverlässige Tuberkulose-Diagnostik nicht erfüllt. Für eine präventive Behandlung sollten zusätzliche Risikofaktoren wie HIV-Status, Immunlage und Herkunft stärker berücksichtigt werden. Es gibt effektivere Tests für die Diagnose einer aktiven Tuberkulose, insbesondere in Niedriginzidenz-Ländern.
Die Studie entstand im Rahmen des europäischen Forschungsnetzwerks TBnet, das seit 2006 mit über 500 Mitgliedern aus mehr als 70 Ländern die Tuberkuloseforschung vorantreibt. TBnet fördert Diagnostik, Therapie und Prävention, insbesondere bei multiresistenten Formen, durch multizentrische Studien, Leitlinien und Nachwuchsförderung. Durch enge Zusammenarbeit mit Partnern wie der WHO und dem Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) trägt TBnet zur besseren Bekämpfung der Tuberkulose bei.
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