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Subretinales Implantat stellt Sehkraft bei AMD-Patienten teilweise wieder her

Ein neuartiges Neurostimulationssystem namens Prima hat in einer klinischen Studie bei über 80 Prozent der Patienten mit atrophischer altersbedingter Makuladegeneration (AMD) die zentrale Sehfähigkeit verbessert. Betroffene, die zuvor kaum Buchstaben erkennen konnten, lasen nach Implantation eines subretinalen Chips und mit speziellen Augmented-Reality-Brillen wieder Wörter und Sätze. Die Ergebnisse, veröffentlicht im New England Journal of Medicine, stammen von einem internationalen Team um Inserm, Sorbonne Université, CNRS, das Institut de la Vision, die Hôpital Fondation Adolphe de Rothschild und das Hôpital national des 15-20 sowie Partner aus Stanford und der Science Corporation.

AMD ist weltweit die häufigste Ursache für Erblindung ab dem 60. Lebensjahr und zerstört die Makula, den Bereich scharfen Sehens, während das periphere Gesichtsfeld erhalten bleibt. Bei der atrophischen Form sterben Photorezeptoren ab, ohne bisherige Therapieoptionen. Das Prima-System umgeht diese defekten Zellen: Eine Miniaturkamera in der Brille erfasst Bilder, ein Taschencomputer verarbeitet sie – mit Vergrößerung bis zum Zwölffachen, Kontrast- und Helligkeitsanpassung – und projiziert sie als Infrarotstrahlen auf einen 2 x 2 Millimeter großen, 30 Mikrometer dünnen photovoltaischen Chip mit 378 Elektroden unter der Retina. Der Chip wandelt das Signal in elektrische Impulse um, die benachbarte Nervenzellen aktivieren und ans Gehirn weiterleiten. Er arbeitet drahtlos und wird allein durch die Infrarotenergie betrieben.

Die Studie umfasste 38 Patienten aus 17 Zentren in fünf europäischen Ländern, darunter mehrere französische Standorte; das Durchschnittsalter lag bei 78,9 Jahren, mit schwerer Sehbeeinträchtigung (logMAR ≥ 1,2). Alle erhielten das Implantat; nach zwölf Monaten zeigten 81 Prozent der 32 Absolventen eine Verbesserung um mindestens 0,2 logMAR – sie lasen mindestens zehn Buchstaben mehr auf Standardtafeln mit dem System als ohne. 78 Prozent erreichten 0,3 logMAR (15 Buchstaben), der Beste gewann 1,18 logMAR (59 Buchstaben). Zu Hause konnten 84,4 Prozent Buchstaben, Zahlen und Wörter erkennen; das periphere Sehen blieb unverändert.

Nebenwirkungen traten bei 19 Patienten in 26 schweren Fällen auf, hauptsächlich Augeninnendruckerhöhung, Netzhautablösungen, Makulalöcher oder subretinale Blutungen – alle erwartet und meist in den ersten zwei Monaten. 95 Prozent heilten spontan oder durch Behandlung; die Verträglichkeit galt als gut. Eine Nachbeobachtung bis 36 Monate ist geplant.

Frühere subretinale Implantate brachten geringeren Nutzen; Prima ermöglicht erstmals das Lesen ganzer Sätze bei Erhalt des peripheren Sehens. Die Technologie, entwickelt von Daniel Palanker an der Stanford University, markiert einen Durchbruch für AMD-Patienten ohne Alternativen und könnte zukünftige Neuroprothesen inspirieren. Weitere Studien prüfen Langzeiteffekte und breitere Anwendungen.

New England Journal of Medicine

DOI

10.1056/NEJMoa2501396 

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