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Säuglings-Lebererkrankung: Japans 40-Jahres-Register offenbart Hoffnung für Gallengangsatresie-Patienten

Gallengangsatresie (BA), die häufigste Ursache für Leberausfall bei Säuglingen, war bis in die 1950er-Jahre eine unheilbare Todsünde. Dank des Kasai-Portoenterostomie-Verfahrens und moderner Lebertransplantationen (LTx) hat sich das Bild dramatisch geändert. Eine Langzeitstudie der Japanese Biliary Atresia Society (JBAS) und der Tohoku University, veröffentlicht am 26. Mai 2025 in der World Journal of Pediatric Surgery (DOI: 10.1136/wjps-2025-001024), analysiert Daten aus dem Japanese Biliary Atresia Registry (JBAR). Seit 1989 wurden 3.951 Patienten über bis zu 40 Jahre hinweg erfasst, was einzigartige Einblicke in Krankheitsverlauf, Behandlungserfolge und Überlebensraten liefert. Die Ergebnisse zeigen, wie nationale Register, frühe Diagnostik und chirurgische Fortschritte eine einst tödliche Erkrankung in eine managierbare chronische Erkrankung verwandeln – mit Überlebensraten über 85 Prozent ins Erwachsenenalter.

Das JBAR-Register: Ein Meilenstein der datengetriebenen Medizin

Das JBAR, initiiert von der JBAS, sammelt detaillierte Daten aus bundesweiten Krankenhäusern durch Initial-, Transplantations- und Follow-up-Fragebögen. Es umfasst Patienten aus JBAS-Mitgliedseinrichtungen und assoziierten Kliniken, die alle BA-Fälle in Japan abdecken sollen. Die Studie, geleitet von Dr. Masaki Nio, deckt 3.951 Fälle ab, darunter 1.688 mit LTx. Zwei Drittel der Patienten waren weiblich, das durchschnittliche Operationsalter lag bei 65 Tagen – früher durchgeführte Operationen verbesserten jedoch die Erfolgsquoten erheblich. Seit 2012 fördert Japan Stuhl-Farbkarten in den Mutter-Kind-Gesundheitsbüchern, die auf helle Stühle als Warnsignal hinweisen. Bis 2023 sank das Operationsalter auf 60 Tage, und die Rate der Gelbsucht-Beseitigung stieg von 57,8 Prozent (2011) auf 64,2 Prozent (2023).

Zwischen 1989 und 2023 unterzogen sich 93 Prozent der Patienten (3.656 von 3.951) der Kasai-Operation (KP), 5 Prozent einer Hepaticoenterostomie und 0,5 Prozent einer primären LTx. Laparoskopische KP, seit 2018 eingeführt, macht nun 13,8 Prozent der Fälle aus. Rekonstruktionsverfahren wie langes Roux-en-Y (LR, 63 Prozent Gelbsucht-Beseitigung), kurzes Roux-en-Y (SR, 62 Prozent) oder Suruga II (55 Prozent) wurden verglichen. Nach einem Jahr lebten 57 Prozent der Patienten ohne Gelbsucht, 13 Prozent mit Gelbsucht, 22 Prozent hatten eine LTx erhalten, und 6 Prozent waren verstorben. Der Obstruktionstyp beeinflusste die Outcomes: Typ I/I-Zyste (70–79 Prozent Clearance), Typ II (72 Prozent) und Typ III (60 Prozent).

Langfristige Überlebensraten und Lebensqualität

Die nativen Leber-Überlebensraten betrugen 50,5 Prozent nach 10 Jahren, 44,4 Prozent nach 20 Jahren und 40,9 Prozent nach 30 Jahren. Die Gesamtüberlebensraten lagen bei 88,9 Prozent (10 Jahre), 87,6 Prozent (20 Jahre) und 85,7 Prozent (30 Jahre). Dank der Kombination aus KP und LTx – mit steigender Verfügbarkeit seit den 1990er-Jahren – sank die Sterblichkeit signifikant. Nach 30 Jahren überlebten 65 Patienten mit LTx und 79 ohne; unter den nativen Überlebenden hatten 16 Gelbsucht, 59 nicht, 28 waren verheiratet und 23 hatten Kinder bekommen. Viele Patienten erreichten normale Wachstums- und Entwicklungsmeilensteine, was vor Jahrzehnten undenkbar war.

Die LTx-Daten (n=1.688) zeigen eine 93-prozentige Empfänger-Überlebensrate bei Registrierung, hauptsächlich mit Lebendspendern (Eltern, n=1.649; Verstorbene Spender n=39). Etwa 40 Prozent der BA-Patienten benötigen langfristig eine LTx.

Komplikationen und Früherkennung

Assoziierte Anomalien waren selten: Polysplenie/Asplenie (2,2 Prozent), Darmrotation (2,0 Prozent), Situs inversus (1,3 Prozent). Vitamin-K-Mangel-Blutungen traten bei 8,8 Prozent (n=335/3.809) vor der KP auf, mit intrakraniellen Hämorrhagien (ICH) bei 168 Fällen (Mittelalter 62,1 Tage). Cholangitis betraf 42–46 Prozent der Fälle (niedrigste Rate bei 35 Prozent für intestinale Anti-Reflux-Ventile), sank aber von 50 Prozent (2000) auf 44,4 Prozent (2023). Bei nativen Überlebenden stiegen Ösophagusvarizen und Hypersplenismus früh an, stabilisierten sich jedoch. Leberfunktion blieb bei den meisten stabil, mit leichter Bilirubin-Anstieg nach 25–30 Jahren.

Früherkennung ist entscheidend: Pränatale Diagnosen waren in 5,5 Prozent möglich, neonatale Gelbsucht fehlte bei 30 Prozent. Ultraschall wurde in 94 Prozent eingesetzt, Stuhl-Farbkarten halfen bei 55–87 Prozent der Fälle (2012–2023) bei der Identifikation heller Stühle. Das Operationsalter unter 80 Tagen führte zu fast 70 Prozent Clearance-Rate in der Neugeborenenphase und verhinderte ICH.

Implikationen und Ausblick

„Nationale Register wie das JBAR sind essenziell für seltene pädiatrische Erkrankungen“, betont Dr. Masaki Nio, Korrespondierender Autor. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass zeitnahe Chirurgie und Zugang zu LTx eine einst tödliche Diagnose in eine überlebensfähige Bedingung verwandeln. Viele dieser Kinder erreichen nun das Erwachsenenalter und gründen Familien – undenkbar vor Jahrzehnten. Dennoch bleiben Herausforderungen: Verbesserung der Langzeit-Follow-ups ins Erwachsenenalter und Ausbau der Verstorbenen-Spender-Transplantationen in Japan. Die Fortsetzung dieses Registers ist entscheidend für Fortschritte in der Versorgung über die gesamte Lebensspanne.“

Die JBAR-Daten flossen direkt in die JBAS-Leitlinien von 2018 (überarbeitete englische Version 2020) ein und bieten ein Modell für andere Länder. Follow-ups bis 40 Jahre erfassen LTx-Bedarf, Leberfunktion, Komplikationen, Entwicklung und Lebensereignisse. Ab 2023 werden Schweregrade nach dem japanischen System für intractable Erkrankungen bewertet (56 Prozent symptomfrei nach 20 Jahren). Zukünftige Pläne umfassen Erweiterungen auf 50–60 Jahre, Kooperationen mit der Japan Liver Transplant Society und öffentliche Studien zu Pathologie und Prognose. Die Datenbank ist unter https://jbas.net/en/national-registration/ zugänglich.

Finanzierung und Publikation

Die Studie wurde vom Health and Labor Sciences Research Grant des japanischen Ministeriums für Gesundheit, Arbeit und Soziales (22FC1014) gefördert. Ethikgenehmigung: Tohoku University (Nr. 2024-1-242). Die World Journal of Pediatric Surgery (WJPS), gegründet 2018, ist ein Open-Access-Journal mit Impact Factor 1,3 (Q3, 2024), indexiert in PubMed, ESCI, Scopus u.a.

Referenz:
Ohe R, Nio M, Wada M et al. Japanese biliary atresia registry, 1989–2023: a 40-year nationwide survey. World J Pediatr Surg 2025; doi: 10.1136/wjps-2025-001024.

Japans Erfolg unterstreicht, wie kollaborative, datenbasierte Medizin seltene Erkrankungen transformieren kann – ein Vorbild für globale Gesundheitssysteme.


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