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Ringversuche in Deutschlands Labormedizin: Die große Übersicht

In der Labormedizin sind Ringversuche ein zentrales Instrument zur Sicherstellung der Qualität und Zuverlässigkeit von Analyseergebnissen. Sie dienen der externen Qualitätskontrolle, indem sie die Leistungsfähigkeit von Laboren überprüfen und vergleichen. In Deutschland sind Ringversuche nicht nur ein Mittel zur freiwilligen Kompetenzprüfung, sondern für viele Analyte gesetzlich vorgeschrieben. Dieser Artikel beleuchtet die Bedeutung, Organisation, gesetzlichen Rahmenbedingungen, Anbieter und aktuellen Entwicklungen von Ringversuchen in der deutschen Labormedizin.

Bedeutung von Ringversuchen

Ringversuche, auch als Laborleistungstests oder Eignungsprüfungen bekannt, sind standardisierte Verfahren, bei denen identische Proben an mehrere Labore verschickt werden. Diese analysieren die Proben unter festgelegten Bedingungen, und die Ergebnisse werden zentral gesammelt, statistisch ausgewertet und verglichen. Ziel ist es, die Messgenauigkeit und Präzision der Labore zu bewerten, systematische Fehler zu erkennen und die Vergleichbarkeit der Ergebnisse sicherzustellen. Fehlerhafte Laborwerte können schwerwiegende Konsequenzen wie Fehldiagnosen oder falsche Therapieentscheidungen nach sich ziehen. Daher sind Ringversuche essenziell, um die Qualität der Patientenversorgung zu gewährleisten.

In Deutschland unterliegen medizinische Labore strengen Anforderungen, die durch die Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen (Rili-BÄK) geregelt sind. Diese verpflichtet akkreditierte Labore gemäß DIN EN ISO/IEC 17025 zur regelmäßigen Teilnahme an Ringversuchen für bestimmte quantitative Untersuchungen. Neben der externen Qualitätskontrolle durch Ringversuche ist auch die interne Qualitätssicherung, etwa durch regelmäßige Gerätekalibrierungen, vorgeschrieben. Ringversuche decken ein breites Spektrum der Labormedizin ab, darunter klinische Chemie, Hämatologie, Immunologie, Mikrobiologie, Molekulargenetik und Infektiologie.

Organisation und Ablauf

Die Organisation eines Ringversuchs erfordert einen hohen logistischen und fachlichen Aufwand. Eine zentrale Stelle, der Ringversuchsanbieter, bereitet die Proben vor, stellt einheitliche Analysebedingungen sicher und gewährleistet die Anonymität der teilnehmenden Labore. Nach der Analyse übermitteln die Labore ihre Ergebnisse, die mit robusten statistischen Methoden ausgewertet werden. Die Bewertung erfolgt anhand eines Zielwerts, der durch Referenzmethoden oder den Konsens der Teilnehmer bestimmt wird. Abweichungen vom Zielwert zeigen die Leistungsfähigkeit des Labors an. Bei erfolgreicher Teilnahme erhalten die Labore ein Zertifikat, das in Deutschland elektronisch an die Kassenärztliche Vereinigung übermittelt werden muss, sofern die Leistungen mit dieser abgerechnet werden.

Die Probenmaterialien müssen den realen Bedingungen im Laboralltag entsprechen, um verlässliche Ergebnisse zu liefern. Dies stellt eine Herausforderung dar, da biologisches Material wie Serum oder Vollblut empfindlich ist und Transport sowie Lagerung die Analyse beeinflussen können. Moderne Ringversuchsanbieter setzen daher auf standardisierte Probenvorbereitung und digitale Plattformen, um den Verwaltungsaufwand zu minimieren und die Ergebnisübermittlung zu vereinfachen. Plattformen wie RV-Online von INSTAND oder ODIN des Deutschen Referenzbüros für Ringversuche (DRRR) ermöglichen eine papierlose Abwicklung, was die Effizienz steigert und Umweltbelastungen reduziert.

Gesetzlicher Rahmen

Die Rili-BÄK, erstmals 2008 in Kraft getreten und zuletzt 2023 aktualisiert, bildet die Grundlage für die Qualitätssicherung in der Labormedizin in Deutschland. Sie orientiert sich an der Norm DIN EN ISO 15189 und legt Anforderungen an interne und externe Qualitätskontrolle fest. Teil B der Richtlinie definiert Mindestanforderungen für quantitative laboratoriumsmedizinische Untersuchungen, einschließlich der Pflicht zur Teilnahme an Ringversuchen für bestimmte Analyte wie Blutzucker, Cholesterin oder Tumormarker. Labore, die kassenärztliche Leistungen abrechnen, müssen gemäß § 25 des Bundesmantelvertrags Ärzte seit 2011 quartalsweise an externer Qualitätskontrolle teilnehmen. Ausnahmen gelten für patientennahe Sofortdiagnostik mit Unit-use-Reagenzien.

Die Bundesärztekammer bestellt Referenzinstitutionen wie INSTAND e.V. und das Referenzinstitut für Bioanalytik (RfB), die für die Organisation und fachliche Betreuung der Ringversuche zuständig sind. Diese Institutionen arbeiten eng mit dem Beirat der Bundesärztekammer zusammen, um die Anforderungen an Ringversuche kontinuierlich an neue analytische Methoden und klinische Anforderungen anzupassen. Die Bestehensgrenzen für Ringversuche wurden über Jahre hinweg anhand von Ringversuchsdaten präzisiert, um die Leistungsfähigkeit moderner Messsysteme zu berücksichtigen.

Anbieter von Ringversuchen

In Deutschland gibt es mehrere etablierte Anbieter von Ringversuchen, die ein breites Spektrum an Analysen abdecken. Zu den führenden Institutionen gehören:

  • Referenzinstitut für Bioanalytik (RfB): Das RfB, ansässig in Bonn, bietet Ringversuche für nahezu alle Bereiche der Labormedizin an, darunter klinische Chemie, Hämatologie, Immunologie und Molekulargenetik. Es unterhält eigene Referenz- und Kalibrierlaboratorien, um Zielwerte präzise zu bestimmen. Für 2025 hat das RfB sein Programm erweitert, etwa um Ringversuche zur Bestimmung der Neurofilament-Leichtkette (NfL) als Biomarker für neuroaxionale Schäden und Präeklampsie-Marker wie PlGF und sFLT-1. Ein neuer Ringversuch GLX ermöglicht die Glucose-Bestimmung in Vollblut an POCT-Geräten. Das Programmheft 2025 ist online verfügbar, und Anmeldefristen, wie etwa der 18. November 2024 für den Ringversuch AK 1/25 (Arzneimittel), sind klar definiert.
  • INSTAND e.V.: Die Gesellschaft zur Förderung der Qualitätssicherung in medizinischen Laboratorien, mit Sitz in Düsseldorf, führt seit 1970 weltweit über 350 Ringversuche durch. Diese decken das gesamte Spektrum der In-vitro-Diagnostik ab, einschließlich Infektiologie und patientennaher Diagnostik (POCT). INSTAND bietet auch freiwillige Ringversuche an, die über die Rili-BÄK-Anforderungen hinausgehen, um Labore bei der Optimierung ihrer Leistung zu unterstützen. Die Auswertung erfolgt über das RV-Online-Portal, das eine einfache Ergebniseingabe und Auswertungsübersicht ermöglicht. Kommentare der Ringversuchsleiter bieten fachliche Unterstützung bei der Interpretation von Ergebnissen.
  • Deutsches Referenzbüro für Ringversuche und Referenzmaterialien (DRRR): Das DRRR in Kempten ist gemäß DIN EN ISO/IEC 17043 akkreditiert und bietet über 600 Ringversuche jährlich an, darunter solche für Mykotoxine, Allergene und Medikamentenrückstände in der Lebensmittelanalyse, die auch für die Labormedizin relevant sind. Die Plattform ODIN erleichtert die Auswahl passender Ringversuche nach Parametern, Matrizes und Methoden.
  • Gesellschaft für Toxikologische und Forensische Chemie (GTFCh): Die GTFCh organisiert spezialisierte Ringversuche für toxikologische Analysen, etwa zur Bestimmung von Suchtstoffen, Betäubungsmitteln oder Arzneistoffen, die in der forensischen Medizin und klinischen Toxikologie von Bedeutung sind.
  • Quality Control for Molecular Diagnostics (QCMD): Diese internationale Organisation mit Sitz in Großbritannien fokussiert sich auf molekulare Diagnostik, insbesondere für Infektionskrankheiten. QCMD betreut über 2000 Labore in 120 Ländern und ist auch in Deutschland aktiv, vor allem für Ringversuche in der Virologie und Bakteriologie.

Weitere Anbieter wie das Institut für Qualitätssicherung (IfQ) Lübeck oder Kooperationspartner wie Testveritas bieten spezialisierte Ringversuche, etwa für veterinärmedizinische Analysen oder Lebensmittelkontaminanten, die teilweise auch für die Labormedizin relevant sind.

Aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen

Die Labormedizin entwickelt sich rasant weiter, insbesondere durch Fortschritte in der Molekulargenetik, personalisierten Medizin und POCT. Ringversuche müssen diesen Entwicklungen Rechnung tragen, indem sie neue Analyte und Technologien integrieren. Beispielsweise hat das RfB 2025 Ringversuche für Präeklampsie-Marker und NfL eingeführt, um den Bedarf an spezifischen Biomarkern für neurologische und geburtshilfliche Diagnostik zu decken. Ebenso gewinnt die Qualitätssicherung in der Infektiologie an Bedeutung, da molekulare Methoden wie PCR zunehmend eingesetzt werden.

Eine Herausforderung ist die Komplexität der Probenmaterialien, insbesondere bei biologischen Matrizes, die die Stabilität und Vergleichbarkeit der Ergebnisse beeinträchtigen können. Anbieter wie INSTAND und RfB setzen daher auf Referenzmethoden und robuste statistische Modelle, um solche Einflüsse zu minimieren. Die Digitalisierung spielt eine zentrale Rolle, da Online-Plattformen die Verwaltung und Auswertung von Ringversuchen vereinfachen und Fehler bei der Datenübermittlung reduzieren.

Die gesetzliche Ringversuchspflicht stellt kleinere Labore vor finanzielle und organisatorische Herausforderungen, da die Teilnahme an mehreren Ringversuchen pro Jahr kostspielig ist. Freiwillige Ringversuche, wie sie von INSTAND angeboten werden, ermöglichen es jedoch, die Qualität auch für nicht-pflichtige Analyte zu überprüfen, was die Wettbewerbsfähigkeit von Laboren stärkt.

Ausblick

Ringversuche bleiben ein unverzichtbarer Bestandteil der Qualitätssicherung in der Labormedizin. Mit der fortschreitenden Digitalisierung und dem Einsatz neuer Technologien wie künstlicher Intelligenz in der Diagnostik wird die Anpassung der Ringversuchsprogramme an innovative Methoden weiter an Bedeutung gewinnen. Anbieter wie RfB, INSTAND und DRRR setzen bereits auf zukunftsorientierte Lösungen, um die Qualität und Effizienz der externen Qualitätskontrolle zu steigern. Gleichzeitig bleibt die enge Zusammenarbeit mit der Bundesärztekammer und internationalen Organisationen entscheidend, um globale Standards zu etablieren und die Patientensicherheit zu gewährleisten.

In Deutschland hat sich die Labormedizin durch die Kombination aus regulatorischen Vorgaben und einem breiten Angebot an Ringversuchen als Erfolgsmodell etabliert. Die kontinuierliche Weiterentwicklung der Programme und die hohe Kompetenz der Anbieter stellen sicher, dass Labore präzise und verlässliche Ergebnisse liefern – eine Grundvoraussetzung für eine optimale Patientenversorgung.


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