Ein seit Jahrzehnten eingesetztes Osteoporose-Medikament könnte über die Behandlung von Knochenschwund hinaus das Leben verlängern. Forschende der Medizinischen Universität Wien haben im Rahmen eines vom Österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF) geförderten Projekts Hinweise darauf gefunden, dass der Wirkstoff Alendronat, ein Bisphosphonat, positive Effekte auf das Immunsystem und die Tumorregulation haben könnte. Die Ergebnisse, veröffentlicht im Wissenschaftsmagazin Scilog, basieren auf einer Studie mit dem Türkisen Killifisch (Nothobranchius furzeri), einem neuen Modellorganismus für die Osteoporoseforschung.
Neuer Ansatz mit Killifisch: Alendronat, seit den 1990er-Jahren ein Standard in der Osteoporose-Therapie, hemmt Osteoklasten, die für den Knochenabbau verantwortlich sind, und reduziert so Frakturen wie Schenkelhals- oder Wirbelbrüche. Studien deuten jedoch darauf hin, dass Bisphosphonate die Sterblichkeit von Patient:innen über diesen Effekt hinaus senken könnten. Um die Mechanismen dahinter zu entschlüsseln, setzte das Team um Peter Pietschmann, Leiter der Abteilung für Zelluläre und Molekulare Pathophysiologie an der MedUni Wien, erstmals den Türkisen Killifisch ein. Dieser Fisch, bekannt für seine kurze Lebensdauer von etwa 12 Monaten, ist ideal für Altersforschung, da er menschliche Alterungsprozesse nachahmt.
Lebensverlängerung bestätigt: In der Studie erhielten 44 Killifische im fortgeschrittenen Alter Alendronat, während 45 Tiere ein Placebo bekamen. Die behandelten Fische lebten im Durchschnitt 19 Wochen, die Kontrollgruppe 18 Wochen – ein signifikanter Unterschied. Analysen zeigten Veränderungen in der Knochenmineralisation und eine Zunahme knochenaufbauender Zellen. Besonders spannend waren genetische Untersuchungen: RNA-Sequenzierungen und Real-Time-PCR ergaben, dass ein Zinkfinger-Protein, das mit Brustkrebs in Verbindung steht, in behandelten Fischen weniger stark exprimiert war. „Dieser Befund deutet auf einen möglichen krebshemmenden Effekt hin“, erklärte Pietschmann. Effekte auf das Herz-Kreislauf-System wurden hingegen nicht festgestellt.
Bedeutung für Therapie und Forschung: Die Studie etabliert den Killifisch als neues Modell für die Osteoporoseforschung und legt nahe, dass Alendronat über die Knochenstärkung hinaus das Immunsystem stärken und Tumorerkrankungen beeinflussen könnte. „Künftige Studien sollen die Rolle des Zinkfinger-Proteins klären – im besten Fall könnte es ein Ansatzpunkt für neue Krebstherapien sein“, so Pietschmann. Er betonte zudem die Dringlichkeit, Osteoporose in Österreich ernster zu nehmen: „Die Erkenntnisse über zusätzliche positive Effekte sollten die konsequente Behandlung fördern.“
Projekt und Förderung: Das Projekt „Wirkungen eines Bisphosphonates bei Nothobranchius furzeri“, das von 2022 bis 2025 lief, wurde vom FWF mit 182.000 Euro unterstützt. Pietschmann, seit 2023 Präsident der European Calcified Tissue Society (ECTS), hofft, dass der Killifisch künftig breit in der Forschung genutzt wird.
Quelle: Scilog, Medizinische Universität Wien
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