Neue ESC-Leitlinien zur Verbesserung der Diagnose und Versorgung von Patienten mit Myokarditis und Perikarditis wurden heute auf dem ESC-Kongress 2025 veröffentlicht. Dies ist das erste Mal, dass die ESC Leitlinien zum Thema Myokarditis veröffentlicht und dass zum ersten Mal gleichzeitig klinische Leitlinien zu Myokarditis und Perikarditis herausgegeben wurden.
Die Leitlinien enthalten Algorithmen und benutzerfreundliche Flussdiagramme, die medizinisches Fachpersonal dabei unterstützen, Myokarditis und Perikarditis besser zu erkennen, zu diagnostizieren und zu behandeln und so die klinischen Ergebnisse zu verbessern. Sie enthalten außerdem personalisierte Empfehlungen für die Rückkehr an den Arbeitsplatz und die Ausübung körperlicher Betätigung.
Die neue Leitlinie weist auf die mögliche Überschneidung von Myokarditis und Perikarditis hin und führt den Begriff „inflammatorisches Myoperikardsyndrom“ (IMPS) als Sammeldiagnose ein, bis eine spezifischere Diagnose gestellt wird. Der neue Begriff soll dazu beitragen, das Krankheitsspektrum besser zu verstehen und eine rechtzeitige Diagnose sowie eine bessere Behandlung zu ermöglichen, um die Behandlungsergebnisse der Patienten zu verbessern.
Die neuen ESC-Leitlinien wurden von einem internationalen Expertengremium erstellt, zu dem als Co-Vorsitzende Professor Jeanette Schulz-Menger von der Charité – Universitätsmedizin Berlin, einem korporativen Mitglied der Freien Universität Berlin und der Humboldt-Universität zu Berlin, dem ECRC Experimental and Clinical Research Center, Berlin und dem DZHK (Deutsches Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung), einem Partnerstandort in Berlin, sowie dem Deutschen Herzzentrum der Charité – Medizinisches Herzzentrum der Charité und Kardiologie und Nephrologie, HELIOS Klinikum Berlin-Buch, Berlin, Deutschland, und Professor Massimo Imazio, Leiter der Abteilung für Herz-Thorax und Kardiologie am Universitätsklinikum „Santa Maria della Misericordia“, Udine, Italien, gehören.
„Myokarditis und Perikarditis sind oft schwer zu erkennen, da sie sich bei verschiedenen Patienten unterschiedlich äußern können. Daher bleiben diese Erkrankungen oft unerkannt, was erhebliche Auswirkungen auf die Gesundheit der Patienten haben kann“, erklärt Professorin Jeanette Schulz-Menger.
„Um die Diagnose zu verbessern, haben wir einen einheitlichen Begriff eingeführt: das inflammatorische Myoperikardsyndrom, und wir geben Klinikern neue Leitlinien zur Diagnose und Behandlung“, fügte Professor Schulz-Menger hinzu.
Myokarditis und Perikarditis sind entzündliche Erkrankungen des Myokards (Herzmuskels) und des Perikards, des Bindegewebes, das das Herz und die großen Blutgefäße umgibt. Die Ursachen sind vielfältig und können genetische Veranlagung und Infektionskrankheiten umfassen. Viele Patienten erholen sich vollständig von diesen Erkrankungen, während andere lebenslang überwacht und behandelt werden müssen. Es wird angenommen, dass Myokarditis bei einigen Patienten eine Rolle beim plötzlichen Herztod spielt.
Die wichtige Rolle der multimodalen Bildgebung mit Schwerpunkt auf fortgeschrittenen Methoden der kardialen Magnetresonanztomographie und die Rolle der Endomyokardbiopsie wurden ebenfalls diskutiert, um klinischen Kardiologen Orientierung zu geben.
Nach der Diagnose einer Myokarditis oder Perikarditis werden Patienten häufig gebeten, alltägliche Aktivitäten zu unterlassen. Die neue Leitlinie empfiehlt, wann zusätzliche Untersuchungen, wie beispielsweise eine Magnetresonanztomographie (MRT), helfen können, festzustellen, ob die Rückkehr zu Sport und Arbeit ratsam ist. Dies kann die Genesung unterstützen und die psychische Gesundheit fördern.
Obwohl das medizinische Wissen über das inflammatorische Myoperikardsyndrom zugenommen hat, weisen die Leitlinien auch auf erhebliche Evidenzlücken hin. Sie identifizieren den Bedarf an weiteren groß angelegten prospektiven Multicenterstudien mit vordefinierten Ergebnismessungen. Neue Forschung ist insbesondere erforderlich, um die optimale Behandlung von Patienten mit chronischen Erkrankungen und bestimmten Patientengruppen wie Kindern, Frauen im gebärfähigen Alter, Schwangeren und Stillenden sowie älteren Menschen zu verstehen.
„Wir hoffen, dass diese wertvolle neue Leitlinie einen Paradigmenwechsel in der Patientenversorgung ermöglicht und die Entwicklung kombinierter Expertise in der Diagnose und Therapie von Myokarditis und Perikarditis ermöglicht. Dies wird auch einen multidisziplinären Teamansatz für schwierigere Fälle unterstützen“, sagte Professor Massimo Imazio.
Die neuen ESC-Leitlinien umfassen außerdem:
- Geben Sie Klinikern eine Liste mit Warnsignalen, einschließlich klinischer Anzeichen und/oder Biomarker, die Hinweise auf die Erkennung von Myokarditis und Perikarditis geben können, wodurch die Zeit bis zur Diagnose verkürzt wird.
- Empfehlen Sie eine vollständige klinische Bewertung, einschließlich Anamnese, körperlicher Untersuchung, Röntgenaufnahme des Brustkorbs, Biomarkertests, Elektrokardiogramm und Echokardiogramm, für die erste diagnostische Beurteilung aller Patienten mit Verdacht auf Myokarditis und/oder Perikarditis
- Bitten Sie darum, dass bei Patienten mit rezidivierendem entzündlichem Myoperikardsyndrom eine genetische Ursache und genetische Tests in Betracht gezogen werden
- Empfehlen Sie, dass komplizierte Patienten mit inflammatorischem Myoperikardsyndrom von einem multidisziplinären Team betreut werden. Das Team sollte sich aus verschiedenen Klinikern zusammensetzen, die alle über Fachkenntnisse im Bereich Herz-Kreislauf-Erkrankungen verfügen, wie z. B. Kliniker, Bildgebungsexperten, Experten für Infektionskrankheiten, Chirurgen, Intensivmediziner und Genetiker
Daten zur Prävalenz von Myokarditis und Perikarditis in der Allgemeinbevölkerung sind begrenzt. Ein Krankheitsregister berichtete über eine Inzidenz akuter Myokarditis von 6,3 bis 8,6 pro 100.000 Einwohner, hauptsächlich bei jungen Männern aufgrund hormoneller Faktoren (1). Männer und jüngere Patienten werden häufiger diagnostiziert, obwohl nicht klar ist, ob dies daran liegt, dass diese Patienten häufiger eine Diagnose erhalten. Die Inzidenz akuter Perikarditis wird auf etwa 3 bis 32 Fälle pro 100.000 Personenjahre geschätzt. (2) Autopsien ergaben, dass bei jungen Erwachsenen in 1,1 bis 12 % der Fälle ein plötzlicher Herztod auf eine Myokarditis zurückzuführen war (3).
Die „ESC-Leitlinien 2025 zur Behandlung von Myokarditis und Perikarditis“ wurden von der Association for European Paediatric and Congenital Cardiology und der European Association for Cardio-Thoracic Surgery gebilligt.
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