Eine bahnbrechende Studie, veröffentlicht in den Frontiers Journals, beleuchtet die molekularen Zusammenhänge zwischen Morbus Bechterew (ankylosierender Spondylitis, AS) und Myokardinfarkt (MI). Unter Anwendung eines systembiologischen Ansatzes hat ein Forscherteam neue Biomarker und potenzielle therapeutische Ansätze identifiziert, die das erhöhte Risiko für Herzinfarkte bei AS-Patienten erklären und die Risikostratifizierung sowie Prävention verbessern könnten.
Die Studie analysierte vier öffentlich zugängliche Microarray-Datensätze, die Genexpressionsprofile von AS-Patienten, MI-Patienten und gesunden Kontrollpersonen umfassen. Durch integrative bioinformatische Methoden, einschließlich gewichteter Gen-Koexpressionsnetzwerkanalyse und maschinellem Lernen, wurden zwei zentrale Gene – S100A12 und MCEMP1 – als Schlüsselbiomarker identifiziert. Diese zeigen bei beiden Erkrankungen erhöhte Transkriptionsniveaus und ermöglichen eine präzise Unterscheidung von Patienten mit kombinierter AS-MI-Diagnose von jenen mit nur einer der beiden Erkrankungen. Ein diagnostisches Nomogramm, das Alter, C-reaktives Protein (CRP) und die Expression der beiden Gene berücksichtigt, verbessert die Klassifizierung um 34 %.
Die funktionelle Analyse ordnet S100A12 und MCEMP1 entzündlichen Prozessen zu, die an der Schnittstelle von chronischer Entzündung (AS) und akuter koronarer Thromboinflammation (MI) stehen. Die Gene sind an Signalwegen beteiligt, die mit neutrophilen extrazellulären Fallen, cholesterinbeladenen Makrophagen und Signalwegen wie NOD-ähnlicher Rezeptorsignalisierung und IL-17 verbunden sind. Einzelzell-RNA-Sequenzierung von Koronarplaques aus AS-Patienten bestätigte, dass beide Gene vorwiegend in Monozyten exprimiert werden, was ihre Rolle in der myeloide Entzündungsreaktion unterstreicht.
Die Studie zeigt zudem Veränderungen im Immunzellprofil von AS-MI-Patienten, mit einem Anstieg neutrophiler Zellen und einer Reduktion ruhender CD4⁺-T-Zellen. S100A12 korreliert stark mit dem Neutrophilenanteil, während MCEMP1 mit nicht-klassischen Monozyten assoziiert ist. Epigenetische Analysen deuten darauf hin, dass S100A12 durch offenes Chromatin an NF-κB-Bindungsstellen aktiviert wird, während MCEMP1 durch den Verlust einer miR-223-3p-Bindungsstelle hochreguliert wird.
Ein vielversprechender Aspekt der Studie ist die Identifikation von drei zugelassenen Medikamenten – Enzastaurin, Meglitinid und Nifedipin –, die über spezifische Mechanismen die Expression der beiden Biomarker abschwächen könnten. Molekulares Docking und In-silico-Validierungen bestätigen die hohe Affinität dieser Wirkstoffe zu den Zielstrukturen, was ihre potenzielle Eignung für die Neupositionierung zur Prävention von Herzinfarkten bei AS-Patienten unterstreicht.
Die Ergebnisse markieren S100A12 und MCEMP1 als vielversprechende Biomarker für die Risikobewertung und bieten neue Ansätze für gezielte Therapien. Die Studie unterstreicht die Bedeutung eines systembiologischen Ansatzes, um komplexe Zusammenhänge zwischen chronischen entzündlichen Erkrankungen und kardiovaskulären Ereignissen zu entschlüsseln, und könnte die Grundlage für zukünftige klinische Studien bilden.
DOI: 10.1007/s11684-025-1132-8
Quelle: Frontiers Journals, 14. August 2025
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