Hamburg, 8. Juni 2025 (LabNews Media LLC) – Der bekannte NDR-Moderator Carlo von Tiedemann ist am heutigen Sonntag im Alter von 81 Jahren in einer Hamburger Klinik verstorben. Seine Ehefrau Julia bestätigte, dass Tiedemann um 14:30 Uhr friedlich eingeschlafen sei, umgeben von seiner Familie. Seit 2021 litt der Kultmoderator an Amyloidose, einer seltenen Erkrankung, die durch Proteinablagerungen in Organen zu schwerwiegenden Komplikationen führen kann. Sein Tod lenkt die Aufmerksamkeit auf diese wenig verstandene Krankheit, die in Deutschland etwa 8.000 Menschen betrifft. Dieser Bericht beleuchtet die medizinischen Aspekte der Amyloidose, ihre Diagnose, Behandlung und die Herausforderungen für Betroffene, vor dem Hintergrund von Tiedemanns Krankheitsverlauf.
Amyloidose: Eine seltene, aber ernste Erkrankung
Amyloidose ist eine Gruppe seltener Erkrankungen, die durch die Ablagerung unlöslicher Proteinaggregate, sogenannter Amyloide, in Geweben und Organen gekennzeichnet ist. Diese Ablagerungen stören die normale Organfunktion und können zu Organversagen führen. Laut dem Universitätsklinikum Heidelberg gibt es mehrere Formen der Amyloidose, von denen die AL-Amyloidose (leichte Ketten) und die ATTR-Amyloidose (Transthyretin) am häufigsten sind. In Deutschland werden jährlich etwa 1.000 neue Fälle diagnostiziert, wobei die Inzidenz mit dem Alter steigt.
Bei Carlo von Tiedemann wurde 2021 eine Amyloidose diagnostiziert, die sein Herz betraf. Laut Berichten klagte er über Erschöpfung und Mattigkeit, Symptome, die zunächst nicht korrekt zugeordnet wurden. Erst der Kardiologe Professor Karl-Heinz Kuck, bekannt für die Behandlung prominenter Patienten wie Udo Lindenberg, stellte die Diagnose. Die kardiale Amyloidose, wie sie bei Tiedemann vorlag, führt zu einer Verdickung und Versteifung des Herzmuskels, was die Pumpfunktion beeinträchtigt. Dies kann zu Herzinsuffizienz, Arrhythmien und in schweren Fällen zum Tod führen.
Symptome und Diagnostik
Die Symptome der Amyloidose sind oft unspezifisch, was die Diagnose erschwert. Häufige Anzeichen sind Müdigkeit, Atemnot, Ödeme, Gewichtsverlust und bei kardialer Beteiligung Brustschmerzen oder unregelmäßiger Herzschlag. Laut der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) werden kardiale Amyloidosen häufig erst in fortgeschrittenen Stadien erkannt, da die Symptome mit anderen Herzerkrankungen verwechselt werden können, wie etwa der Herzinsuffizienz oder koronaren Herzkrankheit.
Die Diagnostik umfasst bildgebende Verfahren wie Echokardiographie und Magnetresonanztomographie (MRT), die strukturelle Veränderungen des Herzens sichtbar machen. Eine Gewebebiopsie, oft aus dem Herzmuskel oder anderen betroffenen Organen, bestätigt die Amyloidablagerungen. Im Fall von Tiedemann wurde die Diagnose durch Professor Kuck gestellt, der die Erkrankung medikamentös stabilisierte. Dennoch berichten Quellen, dass Tiedemann wiederholt mit Komplikationen kämpfte, darunter eine bakterielle Infektion und ein Rückenwirbelbruch im Jahr 2024, die seine Gesundheit weiter schwächten.
Therapie und Herausforderungen
Die Behandlung der Amyloidose hängt von der jeweiligen Form ab. Bei der AL-Amyloidose zielt die Therapie darauf ab, die Produktion abnormer Proteine durch Chemotherapie oder immunmodulierende Medikamente zu reduzieren. Bei der ATTR-Amyloidose, die häufiger das Herz betrifft, kommen stabilisierende Medikamente wie Tafamidis zum Einsatz, die die Ablagerung von Transthyretin hemmen. In fortgeschrittenen Fällen kann eine Herztransplantation in Betracht gezogen werden, ist jedoch aufgrund des Alters und Begleiterkrankungen oft keine Option.
Tiedemann erhielt 2023 einen Herzschrittmacher, um Herzrhythmusstörungen zu kontrollieren. Dieser musste jedoch Anfang 2024 aufgrund einer bakteriellen Infektion entfernt werden, was zu einer lebensbedrohlichen Situation führte. Solche Komplikationen sind bei Amyloidose-Patienten nicht selten, da die Erkrankung das Immunsystem schwächen und die Anfälligkeit für Infektionen erhöhen kann. Laut dem Amyloidose-Zentrum Heidelberg beträgt die mediane Überlebenszeit bei unbehandelter kardialer Amyloidose weniger als zwei Jahre, wobei moderne Therapien die Prognose verbessern können.
Die psychosozialen Belastungen für Betroffene sind erheblich. Tiedemann sprach in Interviews von seiner Entschlossenheit, weiterzumachen, und betonte die Unterstützung durch seine Frau Julia und seine Tochter Viktoria. Dennoch berichtete er 2024 von finanziellen Belastungen durch lange Krankenhausaufenthalte und Kurzzeitpflege, ein Problem, das viele chronisch Kranke in Deutschland betrifft. Laut einer Studie der Deutschen Krankenhausgesellschaft verursachen seltene Erkrankungen wie Amyloidose jährlich Kosten von mehreren Milliarden Euro, von denen ein erheblicher Teil von Patienten selbst getragen wird.
Carlo von Tiedemanns Krankheitsverlauf
Tiedemanns Gesundheitsprobleme begannen lange vor der Amyloidose-Diagnose. In seiner Jugend überstand er Kinderlähmung, später zwei Hirntumore sowie Suchtprobleme mit Alkohol und Kokain. Trotz dieser Herausforderungen blieb er über fünf Jahrzehnte eine prägende Figur beim NDR, bekannt für Sendungen wie die „Aktuelle Schaubude“ und seine markante Stimme im Radio. Seine Amyloidose-Diagnose 2021 markierte jedoch den Beginn eines zunehmend schwierigen Lebensabschnitts.
Nach der Diagnose durchlebte Tiedemann mehrere gesundheitliche Krisen. Im Februar 2023 wurde ihm ein Herzschrittmacher implantiert, doch Komplikationen wie ein Kaliumschock, Lungenentzündung und Fieber führten zu einem monatelangen Krankenhausaufenthalt. 2024 verschlimmerte sich sein Zustand durch eine bakterielle Infektion, die die Entfernung des Schrittmachers erforderlich machte. Ein gebrochener Rückenwirbel und eine weitere Lungenentzündung zwangen ihn zu einer Reha und Kurzzeitpflege. Trotz dieser Rückschläge kehrte Tiedemann im August 2024 kurzzeitig zum NDR-Radio zurück, ein Zeichen seines unermüdlichen Optimismus.
Im Februar 2025 erlitt Tiedemann starke Magenblutungen, die einen erneuten Intensivaufenthalt notwendig machten. Ärzte stoppten die Blutungen, doch sein geschwächter Zustand ließ eine vollständige Erholung unwahrscheinlich erscheinen. Seine Ehefrau Julia beschrieb seinen Tod als „Erlösung“, da er in den letzten Wochen stark gelitten habe.
Gesellschaftliche Relevanz und Ausblick
Der Tod von Carlo von Tiedemann wirft ein Schlaglicht auf die Herausforderungen der Amyloidose, eine Erkrankung, die trotz Fortschritten in Diagnostik und Therapie schwer zu beherrschen bleibt. Experten wie Professor Stefan Schönland vom Amyloidose-Zentrum Heidelberg fordern mehr Aufklärung, um die Diagnosezeit zu verkürzen. „Viele Patienten erhalten die Diagnose erst, wenn irreversible Organschäden vorliegen“, erklärt Schönland. Früherkennung durch spezialisierte Zentren könnte die Prognose verbessern.
Tiedemanns Geschichte zeigt auch die Bedeutung von Resilienz und familiärer Unterstützung. Sein Spitzname „Carlo unkaputtbar“ spiegelte seinen Kampfgeist wider, doch die Amyloidose erwies sich als ein Gegner, der selbst seine Zähigkeit übertraf. Der NDR würdigte ihn als „Urgestein“, dessen herzliche Art Generationen prägte. Sein Tod markiert nicht nur einen Verlust für die Medienlandschaft, sondern auch eine Mahnung, seltene Erkrankungen ernster zu nehmen.
Die Forschung zur Amyloidose macht Fortschritte, mit neuen Therapieansätzen wie RNA-basierten Medikamenten, die die Proteinproduktion gezielt hemmen. Klinische Studien, etwa zu Patisiran oder Inotersen, zeigen vielversprechende Ergebnisse. Dennoch bleibt die Krankheit eine Herausforderung, die interdisziplinäre Zusammenarbeit und erhöhte Investitionen in die Gesundheitsforschung erfordert. Für Betroffene wie Carlo von Tiedemann bleibt die Hoffnung, dass künftige Generationen bessere Chancen auf ein längeres und gesünderes Leben haben werden.
Quellen:
- Universitätsklinikum Heidelberg, Amyloidose-Zentrum
- Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK)
- Berichte von Bild, Gala, t-online, Mopo, n-tv, Berliner Kurier (2021–2025)web:0,1,5,6,10,16,19,20,21,22,24
- Deutsche Krankenhausgesellschaft, Studien zu Kosten seltener Erkrankungen
