Das Metabolom steht im Zentrum der modernen biomedizinischen Forschung und beschreibt die Gesamtheit aller kleinen Moleküle – sogenannte Metaboliten –, die in einer biologischen Zelle, einem Gewebe oder einem Organismus vorkommen. Diese Moleküle sind die Endprodukte und Zwischenprodukte sämtlicher Stoffwechselprozesse und spiegeln den aktuellen physiologischen Zustand eines Organismus wider[1][2]. Während das Genom die genetische Ausstattung einer Zelle beschreibt und das Proteom die Gesamtheit der Proteine umfasst, liefert das Metabolom eine Momentaufnahme aller chemischen Prozesse, die in einer lebenden Zelle ablaufen. Damit ist das Metabolom ein hochdynamisches Abbild der biochemischen Aktivität und reagiert unmittelbar auf innere und äußere Einflüsse wie Ernährung, Stress, Krankheit, Medikamente oder Umweltfaktoren[2][3].
Die Erforschung des Metaboloms, die sogenannte Metabolomik, nutzt hochentwickelte analytische Methoden wie Massenspektrometrie (MS), Kernspinresonanzspektroskopie (NMR) und verschiedene Separationstechniken, um die Vielzahl an Metaboliten zu identifizieren und zu quantifizieren[1][2]. Diese Technologien ermöglichen es, detaillierte Profile der Stoffwechselprodukte aus Körperflüssigkeiten wie Blut, Urin, Liquor oder Speichel sowie aus Geweben zu erstellen. Die Vielfalt und Komplexität der Metaboliten – von einfachen Zuckern über Aminosäuren bis hin zu Lipiden und sekundären Pflanzenstoffen – erfordert oft den kombinierten Einsatz mehrerer Analyseverfahren, um ein umfassendes Bild des Metaboloms zu erhalten[1][2].
Die Bedeutung des Metaboloms für die Gesundheit ist vielschichtig. Erstens bietet die Analyse des Metaboloms Einblicke in die Funktion und Regulation von Stoffwechselwegen. Sie ermöglicht es, die Auswirkungen von Medikamenten, Ernährung oder Umweltgiften auf den Zellstoffwechsel zu untersuchen und Regulationsmechanismen zu verstehen[2]. Zweitens können Veränderungen im Metabolitenprofil als Biomarker dienen. Diese Biomarker sind Indikatoren für spezifische biologische Zustände oder Krankheiten und erlauben eine frühzeitige Diagnose, die Überwachung des Krankheitsverlaufs oder die Beurteilung des Therapieansprechens[2]. Ein klassisches Beispiel ist die Bestimmung von Glukose- und Ketonkörpern im Blut zur Diagnose und Überwachung von Diabetes mellitus.
Das Metabolom ist auch eng mit der sogenannten metabolischen Gesundheit verknüpft. Metabolische Gesundheit beschreibt einen Zustand, in dem alle Stoffwechselprozesse in physiologischer Homöostase ablaufen. Typische Kennzeichen sind normale Werte für Blutzucker, Blutfette, Blutdruck und Entzündungsmarker sowie eine gute Insulinsensitivität[5]. Ein ausgewogenes Metabolom reduziert das Risiko für zahlreiche Erkrankungen, darunter Typ-2-Diabetes, kardiovaskuläre Krankheiten und sogar bestimmte Krebsformen[5]. Interessanterweise ist das Körpergewicht allein kein verlässlicher Indikator für metabolische Gesundheit: Auch normalgewichtige Menschen können pathologische Stoffwechselwerte aufweisen, während manche Übergewichtige metabolisch gesund sind. Lebensstilfaktoren wie Ernährung, Bewegung, Schlaf und Stressmanagement spielen eine zentrale Rolle für die Zusammensetzung des Metaboloms und damit für die Gesundheit[5].
Ein besonders dynamischer Teilbereich der Metabolomforschung beschäftigt sich mit dem Einfluss des Darmmikrobioms auf das Metabolom und die Gesundheit. Die im Darm lebenden Bakterien produzieren eine Vielzahl von Metaboliten, die weitreichende Auswirkungen auf den menschlichen Stoffwechsel haben[4]. Zu diesen Stoffwechselprodukten zählen etwa Trimethylaminoxid (TMAO), das mit kardiovaskulären Erkrankungen assoziiert ist, oder Histamin, das bei Überproduktion zu Intoleranzen führen kann. Auch der Tryptophanstoffwechsel, der eng mit der Produktion des Glückshormons Serotonin verknüpft ist, wird maßgeblich von bakteriellen Metaboliten beeinflusst. Störungen in diesem System können zu Verdauungsproblemen, depressiver Verstimmung, Fatigue und Schlafstörungen führen[4]. Die Analyse des Metaboloms ermöglicht es, solche Zusammenhänge zu erkennen und gezielt therapeutisch einzugreifen.
Die Metabolomik eröffnet auch neue Wege für die personalisierte Medizin. Durch die individuelle Analyse des Metabolitenprofils lassen sich maßgeschneiderte Therapien entwickeln, die auf den spezifischen Stoffwechselzustand des Patienten abgestimmt sind[2]. Dies ist insbesondere bei komplexen Erkrankungen wie Krebs, Autoimmunerkrankungen oder chronischen Stoffwechselstörungen von Bedeutung, bei denen Standardtherapien oft nicht ausreichend wirksam sind. Darüber hinaus kann die Metabolomanalyse helfen, den Einfluss von Ernährung und Lebensstil auf die Gesundheit besser zu verstehen und individuelle Präventionsstrategien zu entwickeln.
Auch in den Umweltwissenschaften und der Sportwissenschaft spielt die Metabolomforschung eine zunehmend wichtige Rolle. So werden beispielsweise die Auswirkungen von Schadstoffen oder Klimawandel auf das Metabolom von Pflanzen und Tieren untersucht, um Anpassungsmechanismen und Risiken für Ökosysteme zu bewerten[2]. Im Sportbereich werden Metabolomprofile von Athleten analysiert, um Trainings- und Regenerationsprozesse zu optimieren und das Risiko von Überlastung oder Verletzungen zu minimieren[2].
Zusammenfassend ist das Metabolom ein zentrales Bindeglied zwischen Genom, Proteom und Phänotyp eines Organismus. Es liefert unmittelbare Informationen über den aktuellen Gesundheitszustand und ermöglicht die Identifikation von Krankheitsprozessen, noch bevor klinische Symptome auftreten. Die Metabolomik ist damit ein Schlüsselwerkzeug für die moderne Präzisionsmedizin, die Entwicklung neuer Diagnostik- und Therapieverfahren sowie für das Verständnis der komplexen Wechselwirkungen zwischen Umwelt, Lebensstil und Gesundheit. Die fortschreitende Entwicklung analytischer Technologien und bioinformatischer Auswertungsmethoden wird die Bedeutung des Metaboloms in der medizinischen Forschung und Praxis in den kommenden Jahren weiter stärken[1][2][3][4][5].
Quellen:
[1] Metabolom – Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Metabolom
[2] Metabolom: Definition, Analyse | StudySmarter https://www.studysmarter.de/ausbildung/ausbildung-in-chemie/biologielaborant-ausbildung/metabolom/
[3] Metabolomics – Max Rubner-Institut – Bund.de https://www.mri.bund.de/de/institute/sicherheit-und-qualitaet-bei-obst-und-gemuese/forschungsprojekte/metabolomics/
[4] Metabolom und Darmbakterien und die Rolle für die Gesundheit https://peyrick.com/metabolom-darmbakterien-gesundheit/
[5] Metabolische Gesundheit – DocCheck Flexikon https://flexikon.doccheck.com/de/Metabolische_Gesundheit
[6] Was macht eigentlich…? – Die Professur Food Metabolom https://ubtaktuell.uni-bayreuth.de/professur-metabolom
[7] Metabolomische Analyse – Metabolomic https://www.metabolomicmedicine.com/german/metabolomische_analyse-na-196.html
[8] Inter-Organ Metabolomics: Helmholtz Munich erforscht neue … https://www.helmholtz-munich.de/newsroom/news/artikel/inter-organ-metabolomics-helmholtz-munich-erforscht-neue-stoffwechselmechanismen
[9] DGMet – Deutsche Gesellschaft für Metabolom Forschung https://dgmet.de
[10] Metabolomics als neue Schlüsseltechnologie – Max Rubner-Institut https://www.mri.bund.de/de/themen/metabolomics/
[11] Metabolomik: Grundlagen & Anwendungen – StudySmarter https://www.studysmarter.de/studium/biologie-studium/spezielle-biologiebereiche/metabolomik/
[12] Präsentation von Metabolomics-Analysen: Was verbirgt sich hinter … https://www.lih.lu/de/article/prasentation-von-metabolomics-analysen-was-verbirgt-sich-hinter-einer-zahl/
[13] 2025 Metabolomics and Human Health Conference GRC https://www.grc.org/metabolomics-and-human-health-conference/2025/
[14] Metabolomics: Einleitung & Anwendung – StudySmarter https://www.studysmarter.de/studium/biologie-studium/anatomie-und-physiologie/metabolomics/
[15] Metabolomik – DocCheck Flexikon https://flexikon.doccheck.com/de/Metabolomik
[16] [PDF] Im Blickpunkt: Metabolom – Momentaufnahme des Stoffwechsels https://www.kup.at/kup/pdf/10611.pdf
[17] Metabolomics 2025 | CSHL https://meetings.cshl.edu/courses.aspx?course=C-METAB
[18] Metabolom – Chemie.de https://www.chemie.de/lexikon/Metabolom.html
[19] Sport und Metabolom – sportärztezeitung https://sportaerztezeitung.com/rubriken/ernaehrung/12913/sport-und-metabolom/
[20] Metabolomics 2025 | LabRulez LCMS https://lcms.cz/events/771
Entdecke mehr von LabNews
Melde dich für ein Abonnement an, um die neuesten Beiträge per E-Mail zu erhalten.
