Am 12. August 2025 sorgte die Nachricht für Aufsehen: Die KI-gestützte Suchmaschine Perplexity hat ein spektakuläres Übernahmeangebot in Höhe von 34,5 Milliarden US-Dollar für den Browser Google Chrome abgegeben. Der Vorstoß, berichtet von The Wall Street Journal und Bloomberg, ist nicht nur aufgrund der enormen Summe bemerkenswert, sondern auch, weil Perplexity selbst mit einer Bewertung von etwa 18 Milliarden US-Dollar deutlich weniger wert ist als das gebotene Angebot (The Verge, 12.08.2025). Dieser Hintergrundartikel beleuchtet die Motive hinter dem Angebot, die strategischen Implikationen und die Wahrscheinlichkeit, dass Google auf das Angebot eingeht.
Perplexitys Strategie: Ein Angriff auf Googles Dominanz
Perplexity, ein aufstrebendes KI-Startup, hat sich in den letzten Jahren als ernstzunehmender Konkurrent im Suchmaschinenmarkt positioniert, indem es KI-gestützte Antworten auf Suchanfragen liefert, die oft präziser und kontextbezogener sind als traditionelle Suchergebnisse. Das Angebot für Chrome ist kein spontaner Schachzug, sondern Teil einer langfristigen Strategie, die auf eine Schwächung von Googles Marktdominanz abzielt. Chrome ist nicht nur ein Browser, sondern ein zentraler Bestandteil von Googles Ökosystem, das rund 65 Prozent des globalen Browsermarkts kontrolliert (StatCounter, 2025). Der Browser dient als Tor zur Google-Suche, zu Werbediensten und anderen Google-Produkten wie Gmail oder YouTube. Ein Verkauf von Chrome würde Googles Kontrolle über den Zugang zu seinen Diensten erheblich einschränken.
Bereits Anfang 2025 hatte Perplexity angekündigt, Chrome übernehmen zu wollen, falls die US-Regierung Google im Rahmen laufender Kartellverfahren zwingt, den Browser abzugeben (The Verge, 12.08.2025). Diese Ankündigung kam inmitten eines Rechtsstreits, in dem das US-Justizministerium (DOJ) Google vorwirft, wettbewerbswidrige Praktiken zu betreiben, unter anderem durch die Bündelung von Chrome mit Android und anderen Diensten. Perplexitys Angebot scheint also weniger ein ernsthaftes Kaufinteresse als vielmehr ein taktischer Schachzug zu sein, um Druck auf Google auszuüben und die öffentliche Debatte über Googles Monopolstellung anzuheizen.
Finanzierung und Glaubwürdigkeit des Angebots
Das Angebot von 34,5 Milliarden US-Dollar übersteigt Perplexitys aktuelle Bewertung von 18 Milliarden US-Dollar bei weitem, was Zweifel an der Finanzierbarkeit aufwirft. Dennoch erklärte Dmitry Shevelenko, Chief Business Officer von Perplexity, gegenüber Bloomberg, dass mehrere große Investmentfonds bereit seien, die Transaktion vollständig zu finanzieren (The Verge, 12.08.2025). Zudem versprach Perplexity, über 3 Milliarden US-Dollar in die Weiterentwicklung von Chrome und dem Open-Source-Projekt Chromium zu investieren, sollte das Angebot angenommen werden. Dieses Versprechen könnte darauf abzielen, Bedenken über mögliche „heimliche Modifikationen“ am Browser zu zerstreuen, wie sie in der Vergangenheit bei anderen Übernahmen befürchtet wurden.
Dennoch bleibt die Glaubwürdigkeit des Angebots fraglich. Posts auf X deuten darauf hin, dass einige Beobachter die Offerte als PR-Stunt betrachten. Ein Nutzer schrieb, Google werde ein Kernelement wie Chrome, das zwischen 20 und 50 Milliarden US-Dollar wert sei, kaum verkaufen, zumal das Angebot von einem Unternehmen kommt, dessen Bewertung deutlich niedriger ist (). Die Finanzierung durch Investmentfonds könnte zwar theoretisch möglich sein, doch die Risiken einer solch hochverschuldeten Übernahme sind enorm, insbesondere für ein Unternehmen, das noch keine nachhaltigen Gewinne erzielt.
Kontext: Perplexitys aggressive Expansionsstrategie
Das Angebot für Chrome ist nicht Perplexitys erster Versuch, durch spektakuläre Übernahmen Aufmerksamkeit zu erregen. Anfang 2025 machte das Unternehmen Schlagzeilen, als es Interesse an einer Übernahme von TikTok bekundete, ebenfalls in einer Phase, in der die Plattform aufgrund regulatorischer Unsicherheiten in den USA unter Druck stand. Diese Muster deuten darauf hin, dass Perplexity versucht, sich als kühner Akteur im Tech-Sektor zu positionieren, der bereit ist, etablierte Giganten herauszufordern. CEO Aravind Srinivas wird von Fortune Magazine als „Google-Killer“ bezeichnet, was die Ambitionen des Unternehmens unterstreicht.
Die Fokussierung auf Chrome ist strategisch nachvollziehbar. Ein Browser ist nicht nur ein Zugangspunkt zum Internet, sondern auch eine Plattform für KI-Integration. Perplexity könnte Chrome nutzen, um seine KI-gestützte Suchtechnologie direkt in den Browser zu integrieren, was die Abhängigkeit von Googles Suchmaschine reduzieren würde. Ein solcher Schritt könnte die Wettbewerbsdynamik im Suchmarkt nachhaltig verändern, wie ein Nutzer auf X betonte.
Googles Reaktion und die regulatorische Lage
Google hat bisher keine Bereitschaft signalisiert, Chrome zu verkaufen, und es gibt keine gerichtliche Anordnung, die dies erzwingt (The Verge, 12.08.2025). Die laufenden Kartellverfahren in den USA könnten jedoch Druck auf Google ausüben, Teile seines Geschäfts aufzugeben, insbesondere wenn das DOJ konkrete Maßnahmen zur Zerschlagung des Unternehmens fordert. Dennoch ist Chrome ein zentraler Bestandteil von Googles Geschäftsmodell, und ein Verkauf würde erhebliche strategische Nachteile mit sich bringen. Experten schätzen den Wert von Chrome auf 20 bis 50 Milliarden US-Dollar, was Perplexitys Angebot in eine realistische, wenn auch ambitionierte Spanne einordnet.
Ausblick: Symbolik oder ernsthaftes Angebot?
Perplexitys Angebot ist ein kühner, aber riskanter Schritt. Es könnte als Versuch gewertet werden, die Schwächen von Googles Monopolstellung auszunutzen, während das Unternehmen unter regulatorischem Druck steht. Gleichzeitig birgt das Angebot die Gefahr, dass Perplexity sich finanziell übernimmt oder als bloßer PR-Akteur wahrgenommen wird. Die Wahrscheinlichkeit, dass Google das Angebot annimmt, ist gering, da Chrome ein strategischer Vermögenswert ist, der weit über seinen monetären Wert hinausgeht.
Langfristig zeigt der Vorstoß jedoch, wie dynamisch der Wettbewerb im Tech-Sektor geworden ist. KI-Startups wie Perplexity nutzen ihre Innovationskraft und Investorengelder, um etablierte Player herauszufordern. Ob das Angebot erfolgreich ist oder nicht, es hat bereits eine Debatte über die Zukunft von Browsern, Suchmaschinen und KI-Integration entfacht. Für die deutsche Gesundheitsbranche, die ebenfalls unter Innovationsdruck steht, könnte dies ein Lehrstück sein: Mutige, wenn auch spekulative Schritte können den Wettbewerb ankurbeln und neue Wege eröffnen – vorausgesetzt, sie sind strategisch durchdacht und finanziell tragfähig.
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