Das Rauchen von E-Zigaretten, auch als „Vapen“ bekannt, hat in den letzten Jahren weltweit an Popularität gewonnen, insbesondere als vermeintlich weniger schädliche Alternative zu herkömmlichen Tabakzigaretten. Doch die wissenschaftliche Gemeinschaft warnt zunehmend vor den gesundheitlichen Risiken, die mit dem Konsum von E-Zigaretten einhergehen. Aktuelle peer-reviewte Studien zeigen, dass Vapes keineswegs harmlos sind und spezifische Gefahren für die Atemwege, das Herz-Kreislauf-System und die Zellgesundheit bergen. Dieser Artikel beleuchtet die Evidenz aus der Forschung und ordnet die Risiken medizinisch ein.
Atemwegserkrankungen und Lungenrisiken
Eine der größten Sorgen betrifft die Auswirkungen des Vapens auf die Atemwege. Eine 2019 veröffentlichte Langzeitstudie der University of California untersuchte über drei Jahre hinweg die Gesundheit von 32.000 US-amerikanischen Erwachsenen. Die Ergebnisse, publiziert in American Journal of Preventive Medicine, zeigen, dass Vaper ein erhöhtes Risiko für chronische Atemwegserkrankungen wie Asthma und chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD) aufweisen. Besonders alarmierend war die Feststellung, dass Personen, die sowohl Tabakzigaretten als auch E-Zigaretten konsumieren („Dual Use“), die höchste Krankheitslast tragen. Die Studie legt nahe, dass die im Dampf enthaltenen Chemikalien, wie Propylenglykol und Glycerin, bei Erhitzung reizende und entzündungsfördernde Substanzen freisetzen könnten. Link zur Studie.
Ein weiterer Beleg kommt aus einer 2024 veröffentlichten Untersuchung der Universität Innsbruck, erschienen in Cancer Research. Diese Studie fand epigenetische Veränderungen in Mundschleimhautzellen von Vapern, die denen von Tabakrauchern ähneln und als Vorstufen von Krebs gelten. Insbesondere die Exposition gegenüber Aromastoffen im Dampf wurde mit diesen Veränderungen in Verbindung gebracht. Die Autoren betonen, dass die langfristigen Folgen, einschließlich eines potenziellen Krebsrisikos, noch nicht abschließend geklärt sind, aber die frühen Hinweise Anlass zur Sorge geben. Link zur Studie.
Herz-Kreislauf-System unter Druck
Auch das Herz-Kreislauf-System bleibt nicht unberührt. Eine Querschnittstudie aus den USA, basierend auf Daten des Behavioral Risk Factor Surveillance System (BRFSS) und veröffentlicht in Journal of the American Heart Association (2020), fand ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen bei Vapern. Besonders der duale Konsum führte zu einem nahezu dreifachen Risiko für Schlaganfälle im Vergleich zu Nichtrauchern. Die Forscher vermuten, dass Nikotin, das in vielen Liquids enthalten ist, sowie toxische Nebenprodukte wie Formaldehyd und Acrolein die Gefäßfunktion schädigen und oxidativen Stress fördern. Diese Stoffe entstehen beim Verdampfen der Liquids und können die Elastizität der Blutgefäße beeinträchtigen. Link zur Studie.
Eine weitere Untersuchung der Kardiologischen Universitätsklinik Mainz, veröffentlicht in Cardiovascular Research (2023), zeigte, dass schon kurzfristiges Vapen die endotheliale Funktion der Blutgefäße messbar verschlechtert. Dies könnte ein Frühindikator für Atherosklerose sein, eine Vorstufe von Herzinfarkt und Schlaganfall. Die Studie hebt hervor, dass die im Dampf enthaltenen ultrafeinen Partikel tief in die Lunge eindringen und systemische Entzündungen auslösen können. Link zur Studie.
Epigenetische Veränderungen und Krebsrisiko
Die potenziellen karzinogenen Effekte des Vapens sind ein weiteres Forschungsfeld. Die bereits erwähnte Innsbrucker Studie liefert erste Hinweise darauf, dass E-Zigaretten die DNA-Methylierung in Zellen verändern – ein Prozess, der mit der Krebsentstehung assoziiert wird. Diese Veränderungen wurden nicht nur bei langjährigen Vapern, sondern auch bei Nutzern mit geringer Tabakvorgeschichte beobachtet, was die These stützt, dass der Dampf selbst schädlich ist, unabhängig von früherem Tabakkonsum.
Zusätzlich fand eine südkoreanische Kohortenstudie, veröffentlicht in Chest (2023), dass ehemalige Raucher, die auf E-Zigaretten umgestiegen waren, nach fünf Jahren ein zwei- bis dreifach höheres Lungenkrebsrisiko hatten als jene, die komplett abstinent blieben. Die Hazard Ratio (HR) lag bei 2,69 (95%-KI: 1,12–6,46), was auf ein signifikantes Risiko hinweist. Die Autoren vermuten, dass die im Dampf enthaltenen Schadstoffe, wie Schwermetalle (z. B. Chrom, Blei) und flüchtige organische Verbindungen, karzinogene Eigenschaften besitzen könnten. Link zur Studie.
Nikotinabhängigkeit und Jugendliche
Ein oft übersehener Aspekt ist das Suchtpotenzial von E-Zigaretten. Eine systematische Übersicht der Cochrane Collaboration aus 2020, veröffentlicht in Cochrane Database of Systematic Reviews, bestätigt, dass nikotinhaltige E-Zigaretten zwar beim Rauchstopp helfen können, aber viele Nutzer langfristig nikotinabhängig bleiben. Nach sechs Monaten waren 20,1 % der Vaper rauchfrei, aber nur selten nikotinfrei, im Vergleich zu 33,7 % in der Kontrollgruppe mit Nikotinersatztherapien. Dies deutet darauf hin, dass Vapes die Abhängigkeit eher verlängern als beenden. Link zur Studie.
Besonders besorgniserregend ist die Verbreitung unter Jugendlichen. Eine Untersuchung des Instituts für Therapie- und Gesundheitsforschung (IFT-Nord), erschienen in Addiction (2024), zeigt, dass Aromastoffe den Einstieg erleichtern und das Suchtpotenzial erhöhen. Jugendliche, die E-Zigaretten nutzen, haben ein dreifach höheres Risiko, später Tabakzigaretten zu rauchen. Die Studie fordert ein Verbot von Aromen, da diese die Schadstoffaufnahme durch tieferes Inhalieren verstärken. Link zur Studie.
Langzeitfolgen und Forschungslücken
Trotz dieser Erkenntnisse bleibt die Langzeitwirkung des Vapens unklar. Eine Übersicht im Deutschen Ärzteblatt (2024) betont, dass die bisherigen Studien meist Kurzzeit- oder Querschnittsdaten liefern. Chronische Erkrankungen wie Krebs oder Herz-Kreislauf-Leiden entwickeln sich über Jahrzehnte, und E-Zigaretten sind noch nicht lange genug im breiten Gebrauch, um definitive Langzeitdaten zu liefern. Dennoch warnen die Autoren vor einer Verharmlosung, da die bekannten Schadstoffe – darunter Formaldehyd, Acrolein und Schwermetalle – bereits in anderen Kontexten als gesundheitsgefährdend eingestuft wurden. Link zur Übersicht.
Fazit
Die Evidenz aus peer-reviewten Studien zeigt eindeutig, dass Vapen nicht risikofrei ist. Es birgt Gefahren für die Atemwege, das Herz-Kreislauf-System und möglicherweise die Krebsentstehung, insbesondere durch toxische Substanzen im Dampf und epigenetische Veränderungen. Während E-Zigaretten im Vergleich zu Tabakzigaretten weniger Schadstoffe freisetzen, bleibt der duale Konsum besonders problematisch, und die Langzeitfolgen sind ungewiss. Für Ärzte und Gesundheitsexperten steht fest: Der sicherste Weg zur Risikominderung ist der vollständige Verzicht auf Nikotinprodukte. Die Forschung wird in den kommenden Jahren entscheidend sein, um das volle Ausmaß der Gesundheitsrisiken des Vapens zu verstehen.
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