Die US-Arzneimittelbehörde FDA hat innerhalb von nur zwei Tagen zwei komplett neue orale Antibiotika gegen unkomplizierte urogenitale Gonorrhö zugelassen – ein historischer Durchbruch nach Jahrzehnten ohne echte Innovation in dieser Indikation.
Am 11. Dezember erhielt Blujepa® (Gepotidacin) von GSK die Zulassung, am 12. Dezember folgte Nuzolvence® (Zoliflodacin) von Entasis Therapeutics. Beide Wirkstoffe sind die ersten Vertreter völlig neuer Wirkstoffklassen und wirken auch gegen multiresistente Stämme von Neisseria gonorrhoeae, die weltweit dramatisch zunehmen.
Hintergrund: Eine globale Bedrohung
Gonorrhö ist mit über 80 Millionen Neuinfektionen jährlich eine der häufigsten sexuell übertragbaren Erkrankungen weltweit. Unbehandelt kann sie zu Unfruchtbarkeit, chronischen Beckenschmerzen und erhöhtem HIV-Risiko führen. Seit 2010 gilt die Krankheit als „dringende Bedrohung“ durch die CDC, weil die bisherige Standardtherapie (einmalige Ceftriaxon-Injektion plus Azithromycin zunehmend versagt. In vielen Ländern liegen Resistenzraten bei über 50 Prozent. Seit 2020 empfiehlt die CDC in den USA bereits die hochdosierte Ceftriaxon-Monotherapie, doch auch hier zeigen sich ebenfalls erste Resistenzen.
Die neuen Medikamente im Überblick
Nuzolvence® (Zoliflodacin)
- Einzeldosis 3 Gramm Granulat, in Wasser aufgelöst
- Zulassung für Erwachsene und Jugendliche ab 12 Jahren (≥ 35 kg)
- Pivotal-Studie mit 930 Patienten: 91 % mikrobiologische Heilung (vs. 96 % Ceftriaxon + Azithromycin) – statistisch nicht unterlegen
- Häufigste Nebenwirkungen: vorübergehende Leukopenie, Kopfschmerzen, Übelkeit, Durchfall
- Wichtige Warnhinweise: teratogen in Tierstudien → strenge Schwangerschaftsverhütung erforderlich
- Fast-Track-, QIDP- und Priority-Review-Status
Blujepa® (Gepotidacin)
- Zwei orale Dosen à 3.000 mg im Abstand von 10–12 Stunden
- Zulassung für Erwachsene und Jugendliche ab 12 Jahren (≥ 45 kg)
- Pivotal-Studie mit 628 Patienten: 93 % mikrobiologische Heilung (vs. 91 % Standardtherapie)
- Häufigste Nebenwirkungen: Durchfall, Übelkeit, Bauchschmerzen, QTc-Verlängerung möglich
- Bereits im März 2025 für komplizierte Harnwegsinfektionen zugelassen
- Fast-Track-, QIDP- und Priority-Review-Status
Expertenstimmen
„Diese Zulassungen sind ein Meilenstein für die Behandlung von unkomplizierter urogenitaler Gonorrhö“, erklärte Dr. Adam Sherwat, Leiter des Office of Infectious Diseases bei der FDA. „Die Verfügbarkeit zusätzlicher Optionen ist besonders wichtig angesichts des weltweiten Anstiegs der Resistenz.“
Dr. Peter Kim, Leiter der Antiinfektiva-Abteilung, ergänzt: „Wir haben endlich wieder echte Alternativen – und zwar orale, die in der Praxis einfacher umsetzbar sind als Injektionen.“
Bedeutung für die Praxis
- Endlich wieder reine orale Therapie möglich – entscheidend für niedrigschwellige Versorgung in Praxen, STI-Kliniken und Entwicklungsländern
- Beide Substanzen behalten Wirksamkeit gegen Ceftriaxon-resistente Stämme (in vitro-Daten)
- Erstmals seit über 40 Jahren neue Wirkstoffklassen (Topoisomerase-II-Inhibitoren)
- Erwartete WHO-Empfehlungsupdate bereits 2026
Ausblick
Beide Medikamente werden voraussichtlich ab Frühjahr 2026 verfügbar sein. Die CDC plant, die neuen Substanzen schnell in die aktualisierten Behandlungsleitlinien aufzunehmen. Experten hoffen, dass die neuen Optionen die globale Resistenzentwicklung bremsen und die Kontrolle der Gonorrhö-Epidemie wieder ermöglichen.
Quelle: U.S. Food and Drug Administration. „FDA Approves Two Oral Therapies to Treat Gonorrhea“. 12. Dezember 2025.
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