Der ehemalige Leiter für Produktsicherheit beim kalifornischen Robotik-Startup Figure AI, Robert Gruendel, hat am 21. November 2025 vor dem Bundesgericht im Northern District of California Klage gegen seinen früheren Arbeitgeber eingereicht. Der erfahrene Robotik-Sicherheitsexperte wirft dem von Brett Adcock geführten Unternehmen vor, ihn am 2. September 2025 fristlos entlassen zu haben – nur wenige Tage nachdem er eindringlich vor lebensgefährlichen Risiken der hauseigenen Humanoid-Roboter gewarnt hatte.
Gruendel, der im Oktober 2024 als „Head of Product Safety“ bei Figure AI begann, sollte eigentlich die globale Sicherheitsstrategie des Unternehmens entwickeln und durchsetzen. Stattdessen stieß er nach eigenen Angaben auf systematischen Widerstand der Führungsebene, die Sicherheitsmaßnahmen als störend für das erklärte Ziel empfand, möglichst schnell einen kommerziell nutzbaren Humanoid-Roboter auf den Markt zu bringen („Move Fast & Be Technically Fearless“).

Kern der Vorwürfe:
- Impact-Tests im Juli 2025 zeigten, dass der Roboter Figure 02 Kräfte erzeugen kann, die mehr als doppelt so hoch sind wie nötig, um einen menschlichen Schädel zu brechen – und etwa 20-mal über der Schmerzschwelle liegen.
- Bei einem dokumentierten Zwischenfall schlug ein fehlgesteuerter Roboter mit voller Kraft in eine Edelstahl-Kühlschranktür und hinterließ eine 6 mm tiefe Kerbe; ein Mitarbeiter entging nur knapp einer schweren Verletzung.
- Gruendel warnte wiederholt schriftlich und mündlich vor diesen Gefahren, forderte zuverlässige Not-Aus-Systeme (E-Stop), Abstandsregeln und weitere Schutzmaßnahmen – und hatte als Sicherheitschef formal das Recht, den Release unsicherer Roboter zu blockieren.
- Statt die Bedenken ernst zu nehmen, wurden Sicherheitsprojekte gekürzt oder ganz gestrichen, teilweise aus optischen Gründen oder weil sie Investoren-Demos behindert hätten.
- Nur fünf Wochen vor seiner Kündigung erhielt Gruendel noch eine Gehaltserhöhung von 5,2 % sowie lobende Worte („excellent job“). Kurz darauf wurde er nach einer Serie besonders deutlicher schriftlicher Warnungen (u. a. per E-Mail und Slack an CEO Adcock und Chefingenieur Kyle Edelberg) mit der Begründung „change in business direction“ entlassen.
Die Klage stützt sich auf drei Ansprüche nach kalifornischem Recht:
- Whistleblower-Vergeltung (§ 1102.5 Labor Code)
- Vergeltung wegen Sicherheitsbeschwerden (§ 98.6 Labor Code)
- Ungerechtfertigte Kündigung gegen öffentliche Ordnung (wrongful termination in violation of public policy)
Gruendel verlangt unter anderem Schadensersatz für entgangenen Lohn, Strafschadensersatz (punitive damages) sowie Anwaltskosten. Die enge zeitliche Abfolge zwischen seinen letzten dokumentierten Warnungen und der Kündigung sieht er als klaren Beleg für eine vorsätzliche Vergeltung.
Figure AI, das erst kürzlich weitere Milliarden von Investoren einsammelte und plant, seine Humanoid-Roboter bald in Fabriken und möglicherweise sogar in Privathaushalten einzusetzen, hat sich bisher nicht öffentlich zu der Klage geäußert. Das Unternehmen steht nun vor dem Vorwurf, bewusst Sicherheitsrisiken ignoriert zu haben, die nicht nur Mitarbeiter, sondern künftig auch Endkunden lebensgefährlich bedrohen könnten.
