Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat am 21. August 2025 Änderungen an der Psychotherapie-Richtlinie beschlossen, die den Zugang zur ambulanten Psychotherapie für Menschen mit Suchterkrankungen deutlich verbessern. Die neuen Regelungen erweitern den Kreis der behandelbaren Substanzkonsume und lockern die Vorgaben zur Abstinenz, um eine flexiblere und patientenorientierte Versorgung zu ermöglichen. Damit reagiert der G-BA auf die sich wandelnden Rahmenbedingungen, wie etwa die Legalisierung von Cannabis, und stärkt die psychotherapeutische Versorgung im Bereich der Suchtbehandlung.
Künftig können Patientinnen und Patienten mit Suchterkrankungen, die durch nahezu alle psychotropen Substanzen verursacht werden – sowohl legale als auch illegale – eine ambulante Psychotherapie zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung in Anspruch nehmen. Neben den bisher abgedeckten Substanzen wie Alkohol, Medikamenten und illegalen Drogen werden nun auch neue psychoaktive Substanzen, flüchtige Lösungsmittel und psychotrope pflanzliche Stoffe einbezogen. Diese Anpassung wurde notwendig, da die Legalisierung von Cannabis für Erwachsene in Deutschland im Jahr 2024 eine Klarstellung der Richtlinie erforderte. Ausgeschlossen bleiben weiterhin Suchterkrankungen, die ausschließlich auf Nikotin, Tabak oder Koffein basieren.
Ein zentraler Punkt der Reform ist die Lockerung der Abstinenzvorgaben für Patientinnen und Patienten mit einem Abhängigkeitssyndrom. Bisher mussten Betroffene spätestens ab der zehnten Behandlungsstunde abstinent sein, um die Therapie fortzusetzen. Nun ist es Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten möglich, eine Kurzzeittherapie mit bis zu 24 Behandlungsstunden durchzuführen, auch wenn die Patientin oder der Patient noch nicht abstinent ist. Ziel ist es, die Abstinenz innerhalb der ersten 12 Stunden der Kurzzeittherapie (Kurzzeittherapie 1) zu erreichen. Für die weiteren 12 Stunden (Kurzzeittherapie 2) muss ein konkretes Vorgehen zur Erreichung der Abstinenz mit der Patientin oder dem Patienten vereinbart werden. Eine Weiterbehandlung nach diesen 24 Stunden setzt jedoch vollständige Abstinenz voraus, die durch eine ärztliche Bescheinigung im Gutachterverfahren nachgewiesen werden muss. Sollte die Abstinenz nicht erreicht werden, sind Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten verpflichtet, über Alternativen wie Entzugs- oder Entwöhnungsbehandlungen zu informieren und die Möglichkeit einer Fortsetzung oder Wiederaufnahme der Psychotherapie zu klären.
Die somatische ärztliche Behandlung, die vor oder während der Psychotherapie erforderlich ist, bleibt unverändert eine Voraussetzung. Die Änderungen zielen darauf ab, die Hürden für den Zugang zur Psychotherapie zu senken und Betroffenen eine frühzeitigere Unterstützung zu bieten, insbesondere in den oft schwierigen Anfangsphasen der Suchtbehandlung.
Der Beschluss des G-BA wird nun vom Bundesgesundheitsministerium geprüft. Innerhalb von zwei Monaten entscheidet das Ministerium, ob der Beschluss unverändert in Kraft treten kann. Bei Nichtbeanstandung wird er am Tag nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger wirksam. Die Änderungen stärken die ambulante Versorgung von Menschen mit Suchterkrankungen und tragen dazu bei, die Behandlung an die individuellen Bedürfnisse der Betroffenen anzupassen, während gleichzeitig ein klarer Rahmen für die Therapieziele vorgegeben wird.
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