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DGIM und HBDI veröffentlichen Leitfaden zum Datenschutz in der medizinischen Forschung

Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) und der Hessische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (HBDI) haben einen neuen Leitfaden erstellt, der Forschern hilft, medizinische Studien rechtssicher durchzuführen. Der Leitfaden adressiert die oft unklaren Vorschriften der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und soll die Balance zwischen wissenschaftlichem Fortschritt und Patientenschutz erleichtern. Er basiert auf realen Beispielen aus der Inneren Medizin und wird als dynamisches Dokument kontinuierlich erweitert, um aktuelle Fragen aus der Praxis zu integrieren.

Die Nutzung von Gesundheitsdaten ist entscheidend für den Fortschritt in der Medizin. Sie ermöglicht ein tieferes Verständnis von Krankheiten und führt zu verbesserten Behandlungen. Dennoch stoßen Forschende häufig auf Barrieren, da Gesundheitsdaten als besonders sensible personenbezogene Informationen gelten und strenge Schutzmaßnahmen erfordern. Viele Wissenschaftler berichten von Unsicherheiten bei der Erhebung, Speicherung und Weitergabe von Daten, was Zeit kostet und Projekte verzögert. Der Leitfaden bietet hier Orientierung, indem er schrittweise erklärt, wie Datenschutzprinzipien anzuwenden sind, wann Anonymisierung oder Pseudonymisierung erforderlich ist und unter welchen Bedingungen eine Einwilligung der Betroffenen notwendig wird.

Ein zentraler Fokus liegt auf multizentrischen Studien, bei denen Daten zwischen Einrichtungen ausgetauscht werden. Solche Kooperationen eröffnen neue Erkenntnisse, erfordern jedoch vertragliche Regelungen und technische Lösungen wie föderierte Datenmodelle, um den Datenschutz zu gewährleisten. Der Leitfaden zeigt, wie abgestimmte Konzepte und Maßnahmen wie die Pseudonymisierung die Orientierung erleichtern und den Austausch erlauben, ohne Rechte zu verletzen.

Der Leitfaden ist als „Living Document“ konzipiert und wird durch Beiträge aus der Forschungspraxis ergänzt. Forschende können offene Fragen einreichen, die dann geprüft und integriert werden. Dies soll eine kontinuierliche Anpassung an neue Entwicklungen gewährleisten und die Akzeptanz steigern. Experten betonen, dass Datenschutz und Forschung kein Widerspruch sind, solange klare Regeln eingehalten werden. Der Ansatz fördert eine patientenorientierte Forschung, die den Schutz persönlicher Daten priorisiert und gleichzeitig Innovationen ermöglicht.

Der Hintergrund: In Deutschland und Europa gelten strenge Datenschutzvorschriften, die durch die DSGVO seit 2018 vereinheitlicht wurden. Gesundheitsdaten fallen unter die Kategorie besonders schützenswerter Informationen, was bedeutet, dass ihre Verarbeitung nur unter engen Bedingungen zulässig ist. Dies schützt Patienten vor Missbrauch, birgt aber für die Forschung Herausforderungen. Oft fehlen einheitliche Auslegungen durch die Datenschutzbehörden, was zu Unsicherheiten führt. Der Leitfaden schließt diese Lücke, indem er praxisnahe Beispiele liefert, etwa zur Einwilligungsgestaltung oder zur Dokumentationspflicht.

Ein Beispiel für die Relevanz solcher Leitlinien zeigt eine Studie zur Schätzung von Geschlecht und Alter aus radar-basierten Herzsignalen. Hier werden physiologische Daten genutzt, um demografische Merkmale mit hoher Genauigkeit vorherzusagen – bis zu 78 Prozent für Geschlecht und 73 Prozent für Altersgruppen. Solche Analysen könnten in der Medizin nützlich sein, werfen aber Privacy-Fragen auf, da sensible Attribute implizit in Biosignalen kodiert sind. Der Leitfaden hilft, solche Projekte datenschutzkonform zu gestalten, etwa durch Anonymisierung oder Einwilligungsverfahren, um Missbrauch zu verhindern.

Der Leitfaden entstand vor dem Hintergrund des Nationalen Digital Health Symposiums, wo Experten die Notwendigkeit schnellerer Innovationstransfers betonten. Trotz steigender Ausgaben stagniert die Umsetzung neuer Technologien, und Patienten fühlen sich oft nicht ausreichend einbezogen. Digitale Tools wie die elektronische Patientenakte (ePA) und das Forschungsdatenzentrum Gesundheit (FDZ) sollen helfen, Daten sicher zu nutzen und Forschung zu fördern. Der Leitfaden ergänzt dies, indem er rechtliche Klarheit schafft.

In der Inneren Medizin, wo chronische Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Probleme oder Diabetes im Fokus stehen, sind große Datensätze essenziell. Multizentrische Studien erfordern den Austausch von Informationen, was ohne klare Regeln riskant ist. Der Leitfaden beschreibt, wie Verträge und technische Lösungen wie Langzeitarchivierung den Prozess absichern. Dies fördert nicht nur die Forschung, sondern stärkt auch das Vertrauen der Patienten.

Experten sehen im Leitfaden einen Schritt zu einem lernenden Gesundheitssystem, das Daten aus der Praxis nutzt, um Therapien zu verbessern. Er soll kontinuierlich erweitert werden, um neue Herausforderungen wie KI in der Forschung einzubeziehen. So könnte er helfen, Privacy-Risiken bei innovativen Methoden wie der Analyse von Biosignalen zu minimieren.

Zusammenfassend adressiert der Leitfaden eine Kernherausforderung der modernen Medizin: Den Spagat zwischen Datennutzung für Fortschritt und Schutz individueller Rechte. Durch praxisnahe Beispiele und kontinuierliche Updates könnte er die Forschung beschleunigen und Patienten besser einbinden. Die DGIM und HBDI laden zur Mitgestaltung ein, um den Leitfaden an reale Bedürfnisse anzupassen.


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