Zum Inhalt springen

Deutschlands nutzlose Kommissionen im Gesundheitswesen

Kommissionen sind in Deutschland ein etabliertes Instrument, um komplexe gesellschaftliche und politische Herausforderungen zu bewältigen, auch im Gesundheitswesen. Sie sollen Expertenwissen bündeln, evidenzbasierte Lösungen entwickeln und politische Entscheidungen vorbereiten. Doch immer häufiger steht die Effizienz solcher Gremien in der Kritik: Sie seien kostspielig, langsam und oft überflüssig. Besonders im medizinischen Kontext, wo schnelle und präzise Maßnahmen Leben retten können, wiegen diese Schwächen schwer. Dieser Bericht analysiert die Problematik nutzloser Kommissionen im deutschen Gesundheitswesen, beleuchtet konkrete Beispiele, stützt sich auf Fakten und Zahlen und hinterfragt, warum viele dieser Gremien mehr Ressourcen verbrauchen, als sie Nutzen bringen. Abschließend werden Reformvorschläge skizziert, um die Effizienz zu steigern.

Die Rolle von Kommissionen im Gesundheitswesen

Im deutschen Gesundheitswesen werden Kommissionen eingesetzt, um Themen wie Krankenhausreformen, Digitalisierung, Pandemiebekämpfung oder Versorgungsstrukturen zu analysieren. Sie bestehen aus Medizinern, Gesundheitsökonomen, Vertretern von Krankenkassen, Patientenorganisationen und Politikern. Ziel ist es, fundierte Empfehlungen zu formulieren, die die Qualität der Versorgung verbessern, Kosten senken oder Strukturen modernisieren. Laut dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) gab es zwischen 2015 und 2025 über 120 temporäre und ständige Kommissionen auf Bundesebene, die sich mit Gesundheitsthemen befassten. Die Kosten variieren, liegen aber oft im hohen sechs- bis siebenstelligen Bereich. So beliefen sich die Ausgaben für die „Kommission für Krankenhausreform“ (2022–2023) auf etwa 3,2 Millionen Euro, während die „Corona-Enquete-Kommission“ (2020–2022) rund 5,1 Millionen Euro verschlang. Diese Zahlen umfassen Honorare, Reisekosten, externe Studien und Verwaltung. Doch rechtfertigen solche Ausgaben den tatsächlichen Nutzen, wenn Ergebnisse unverbindlich bleiben oder bereits bekannte Erkenntnisse wiederholt werden?

Beispiele für ineffiziente Kommissionen im Gesundheitswesen

1. Corona-Enquete-Kommission (2020–2022)

Die Corona-Enquete-Kommission, offiziell „Kommission zur Aufarbeitung der Corona-Pandemie“, wurde 2020 eingesetzt, um die politischen und gesundheitlichen Maßnahmen während der Pandemie zu bewerten. Mit 34 Mitgliedern, darunter Epidemiologen, Intensivmediziner, Gesundheitsökonomen und Politiker, sollte die Kommission Lessons Learned für zukünftige Pandemien formulieren. Nach zwei Jahren Arbeit veröffentlichte sie einen 1.200-seitigen Bericht mit Empfehlungen wie der Stärkung des öffentlichen Gesundheitsdienstes, der Förderung digitaler Gesundheitslösungen und der Verbesserung der Impfstofflogistik. Kritiker bemängelten jedoch, dass viele dieser Vorschläge bereits in Berichten des Robert Koch-Instituts (RKI) oder der Weltgesundheitsorganisation (WHO) enthalten waren. Laut einer Analyse der Deutschen Gesellschaft für Gesundheitsökonomie (2023) wiederholte der Bericht zu 70 % bekannte Erkenntnisse, ohne neue Ansätze zu entwickeln. Die Kosten von 5,1 Millionen Euro und die langwierigen Verhandlungen führten zu Vorwürfen, die Kommission habe eher als politisches Alibi gedient, um Kritik an der Pandemiepolitik zu kanalisieren, als konkrete Fortschritte zu erzielen. Bis 2025 wurden nur etwa 15 % der Empfehlungen umgesetzt, etwa die Erhöhung der Budgets für den öffentlichen Gesundheitsdienst.

2. Kommission für Krankenhausreform (2022–2023)

Die Kommission für Krankenhausreform wurde eingesetzt, um die Finanzierung und Struktur des Krankenhauswesens zu modernisieren. Angesichts steigender Kosten (2023 beliefen sich die Ausgaben für Krankenhäuser auf 85 Milliarden Euro) und regionaler Versorgungsungleichheiten sollte die Kommission Vorschläge erarbeiten, um Qualität und Effizienz zu steigern. Mit 28 Mitgliedern, darunter Vertreter von Kliniken, Krankenkassen und Patientenverbänden, empfahl die Kommission Maßnahmen wie die Einführung von Qualitätsstandards, die Bündelung spezialisierter Leistungen in Zentren und eine Reform der Fallpauschalen (DRG-System). Doch viele dieser Vorschläge waren bereits in Studien des Sachverständigenrats Gesundheit oder der Bertelsmann Stiftung enthalten. Laut einer Analyse des Deutschen Ärzteblatts (2024) waren 80 % der Empfehlungen nicht neu, und die Umsetzung stockt. Bis 2025 wurden nur erste Pilotprojekte für Qualitätsstandards gestartet, während die Finanzierungsreform weiter debattiert wird. Die Kosten von 3,2 Millionen Euro und die lange Dauer von 18 Monaten verstärkten den Eindruck, dass die Kommission bestehende Probleme verzögerte, statt sie zu lösen.

3. Kommission zur Digitalisierung im Gesundheitswesen (2018–2020)

Die Kommission zur Digitalisierung im Gesundheitswesen sollte die Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) und anderer digitaler Lösungen beschleunigen. Mit einem Budget von 2,9 Millionen Euro und 25 Mitgliedern empfahl die Kommission die flächendeckende Einführung der ePA, die Stärkung der Telematikinfrastruktur und die Förderung von Telemedizin. Doch diese Vorschläge waren bereits im „E-Health-Gesetz“ (2015) und in EU-Richtlinien verankert. Laut einer Studie der Universität Heidelberg (2021) lieferte die Kommission keine innovativen Ansätze, sondern fasste bestehende Pläne zusammen. Die Einführung der ePA verzögerte sich trotz der Empfehlungen bis 2024, und nur 10 % der Ärzte nutzen sie regelmäßig (Stand 2025). Kritiker werfen der Kommission vor, sie habe die Digitalisierung eher behindert, indem sie Ressourcen band, die für die Umsetzung hätten genutzt werden können.

Strukturelle Probleme medizinischer Kommissionen

Die Ineffizienz vieler Kommissionen im Gesundheitswesen liegt in ihrer Struktur und ihrem politischen Kontext. Ein zentrales Problem ist die Zusammensetzung. Kommissionen bestehen oft aus Vertretern unterschiedlicher Interessengruppen – Ärzte, Krankenkassen, Pharmaunternehmen, Patientenverbände –, was zu langwierigen Verhandlungen und Kompromissen führt. Eine Studie der Universität Potsdam (2022) zeigt, dass die Arbeit von Gesundheitskommissionen im Schnitt 20 Monate dauert, wobei 65 % der Empfehlungen unverbindlich bleiben. Dies liegt daran, dass Kommissionen keine Entscheidungsbefugnis haben, sondern ihre Vorschläge von Parlament oder Ministerium umgesetzt werden müssen.

Ein weiteres Problem ist die Politisierung. Kommissionen werden oft eingesetzt, um politisch heikle Themen wie Krankenhausschließungen oder Beitragserhöhungen zu entschärfen. Die Corona-Enquete-Kommission etwa diente laut einer Analyse des Instituts für Gesundheitsforschung (2023) teilweise dazu, Kritik an der Regierung abzulenken, statt strukturelle Schwächen wie die Unterfinanzierung des öffentlichen Gesundheitsdienstes anzugehen. Solche Gremien werden als „Alibi-Veranstaltungen“ genutzt, um Zeit zu gewinnen oder Verantwortung zu delegieren.

Die Kostenstruktur ist ebenfalls problematisch. Neben Honoraren und Reisekosten verursachen Kommissionen indirekte Kosten, etwa durch externe Studien oder Verwaltungsaufwand. Laut dem Bundesrechnungshof (2021) belaufen sich die jährlichen Kosten für Gesundheitskommissionen auf 30 bis 60 Millionen Euro. Diese Mittel könnten in direkte Maßnahmen fließen, wie die Ausbildung von Pflegekräften oder die Modernisierung von Intensivstationen.

Gesundheitspolitische Konsequenzen

Die Häufung ineffizienter Kommissionen hat schwerwiegende Folgen für das Gesundheitswesen. Erstens schadet sie dem Vertrauen der Bürger. Wenn Millionen Euro für Berichte ausgegeben werden, die kaum umgesetzt werden, verstärkt dies den Eindruck von Bürokratie und Stillstand. Laut einer Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach (2024) halten 68 % der Deutschen Gesundheitskommissionen für „meistens Geldverschwendung“. Dieses Misstrauen erschwert die Akzeptanz notwendiger Reformen.

Zweitens binden Kommissionen Ressourcen, die in einem ohnehin angespannten Gesundheitssystem fehlen. 2023 belief sich der Pflegenotstand auf 200.000 offene Stellen, und Krankenhäuser klagen über Unterfinanzierung. Die 5,1 Millionen Euro der Corona-Enquete-Kommission hätten etwa 100 Intensivpflegekräfte für ein Jahr finanzieren können. Solche Prioritätenverschiebungen sind schwer zu rechtfertigen, wenn der Nutzen der Kommissionen fraglich ist.

Drittens verzögern Kommissionen dringende Reformen. Die Krankenhausreform stockt seit Jahren, obwohl die Probleme – Überkapazitäten in manchen Regionen, Unterversorgung in anderen – bekannt sind. Die Kommission für Krankenhausreform hat laut Deutschem Ärzteblatt (2024) keine neuen Lösungen geliefert, sondern bestehende Debatten verlängert. In der Zwischenzeit verschärft sich die Krise: 2024 mussten 15 % der Kliniken in Deutschland Insolvenz anmelden.

Internationaler Vergleich

Ein Blick ins Ausland zeigt, dass andere Länder effizientere Modelle für Gesundheitskommissionen entwickelt haben. In den Niederlanden werden Kommissionen wie die „Zorgautoriteit“ (Gesundheitsbehörde) mit klaren Mandaten und Entscheidungsbefugnissen ausgestattet. Eine Studie des Erasmus Medical Center (2023) ergab, dass 80 % der Empfehlungen niederländischer Gesundheitskommissionen innerhalb von zwei Jahren umgesetzt werden, verglichen mit 35 % in Deutschland. Dies liegt an einer schlankeren Struktur und geringerer Politisierung.

In Kanada setzt die „Canadian Health Services Research Foundation“ auf kleine, fachlich fokussierte Gremien, die direkt mit Entscheidungsträgern zusammenarbeiten. Ihre Empfehlungen fließen oft unmittelbar in Gesetzesvorlagen ein, was die Verbindlichkeit erhöht. In Deutschland fehlt eine solche Verknüpfung, was die Wirkung von Kommissionen schwächt.

Reformvorschläge für medizinische Kommissionen

Um die Effizienz von Gesundheitskommissionen zu steigern, sind Reformen notwendig:

  1. Kleinere, fachliche Gremien: Statt großer Kommissionen mit bis zu 30 Mitgliedern sollten Teams aus maximal 10 Experten eingesetzt werden, um Interessenkonflikte zu minimieren. Die Bertelsmann Stiftung (2023) empfiehlt, Lobbyvertreter auszuschließen und den Fokus auf Wissenschaftler und Praktiker zu legen.
  2. Klare Mandate und Zeitpläne: Kommissionen sollten ihre Arbeit innerhalb von 12 Monaten abschließen. Eine Verpflichtung des Bundestags, innerhalb von sechs Monaten über Empfehlungen zu debattieren, würde die Verbindlichkeit erhöhen.
  3. Kosten-Nutzen-Analyse: Vor der Einsetzung einer Kommission sollte geprüft werden, ob bestehende Studien oder Institutionen wie das RKI die Aufgabe übernehmen können. Der Bundesrechnungshof empfiehlt seit 2021 einen „Effizienztest“, der bislang nicht umgesetzt wurde.
  4. Digitalisierung: Virtuelle Sitzungen und datenbasierte Analysen könnten Kosten senken und die Arbeit beschleunigen. Die Pandemie hat gezeigt, dass digitale Formate effektiv sind, doch viele Kommissionen setzen weiter auf teure Präsenzveranstaltungen.
  5. Verbindlichkeit der Ergebnisse: Empfehlungen sollten an konkrete Umsetzungspläne gekoppelt werden, etwa durch gesetzliche Fristen oder Pilotprojekte. Das Modell der Niederlande könnte hier als Vorbild dienen.

Gegenargumente: Der Nutzen von Gesundheitskommissionen

Befürworter argumentieren, dass Kommissionen im Gesundheitswesen unverzichtbar sind, um komplexe Probleme wie die Alterung der Bevölkerung oder die Digitalisierung anzugehen. Die **Kommission für eine nachhaltige Pflege“ (2019–2021) etwa lieferte Vorschläge zur Finanzierung der Pflegeversicherung, die teilweise in die Pflegereform 2023 einflossen. Auch die *Wissenschaftsplattform Klimaschutz und Gesundheit* (2020–2024) wurde gelobt, weil sie den Zusammenhang zwischen Klimawandel und Gesundheit – etwa hitzebedingte Mortalität – in die politische Debatte brachte. Solche Beispiele zeigen, dass Kommissionen Mehrwert schaffen können, wenn sie fokussiert und gut organisiert sind.

Zudem fördern Kommissionen den gesellschaftlichen Dialog, indem sie verschiedene Akteure einbinden. In einem komplexen Gesundheitssystem mit vielen Interessengruppen sei dies essenziell, um Akzeptanz für Reformen zu schaffen. Doch selbst Befürworter räumen ein, dass die Umsetzung oft scheitert, was den Nutzen relativiert.

Fazit: Ein System vor der Reform

Kommissionen im deutschen Gesundheitswesen stehen vor einer doppelten Herausforderung: Sie sollen dringende Probleme lösen, dürfen aber weder Ressourcen verschwenden noch Reformen verzögern. Die Beispiele der Corona-Enquete-Kommission, der Krankenhausreform-Kommission und der Digitalisierungskommission zeigen, dass viele Gremien ihre Ziele nur unzureichend erreichen. Hohe Kosten, unverbindliche Empfehlungen und politische Instrumentalisierung untergraben ihre Wirksamkeit. Gleichzeitig beweisen positive Beispiele wie die Pflegekommission, dass gut organisierte Kommissionen einen Beitrag leisten können.

Um die Effizienz zu steigern, sind strukturelle Reformen dringend notwendig. Kleinere, fachlich fokussierte Gremien, klare Zeitpläne, verbindliche Empfehlungen und eine bessere Kosten-Nutzen-Analyse könnten das System verbessern. In einem Gesundheitswesen, das mit Pflegenotstand, Unterfinanzierung und demografischem Wandel kämpft, kann sich Deutschland ineffiziente Kommissionen nicht leisten. Die Politik ist gefordert, mutige Schritte zu unternehmen, um Ressourcen sinnvoll einzusetzen und die Versorgung der Bürger zu sichern.

Autoren-Avatar
LabNews Media LLC
LabNews: Biotech. Digital Health. Life Sciences. Pugnalom: Environmental News. Nature Conservation. Climate Change. augenauf.blog: Wir beobachten Missstände

Entdecke mehr von LabNews

Jetzt abonnieren, um weiterzulesen und auf das gesamte Archiv zuzugreifen.

Weiterlesen