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Deutschland: Jährlich 20.000 Tote durch medizinische Behandlungsfehler

Medizinische Behandlungsfehler führen in Deutschland jährlich zu einer beträchtlichen Zahl von Todesfällen, wobei die genauen Zahlen umstritten sind und je nach Quelle variieren. Laut der aktuellen Statistik des Medizinischen Dienstes Bund (MD) für das Jahr 2023 starben 75 Patienten nachweislich aufgrund von Behandlungsfehlern[1][2]. Diese Zahl basiert auf 12.438 begutachteten Fällen, bei denen Patienten einen Verdacht auf einen Behandlungsfehler geäußert hatten[1].

Allerdings gehen Experten von einer deutlich höheren Dunkelziffer aus. Stefan Gronemeyer, Vorstandsvorsitzender des MD, verweist auf Schätzungen, wonach jährlich etwa 17.000 fehlerbedingte, vermeidbare Todesfälle in deutschen Krankenhäusern auftreten könnten[1][2]. Diese Einschätzung basiert unter anderem auf einer Studie des Aktionsbündnisses Patientensicherheit[1].

Noch alarmierendere Zahlen liefert der AOK-Krankenhausreport. Demnach könnten jährlich sogar bis zu 19.000 Patienten aufgrund von Behandlungsfehlern sterben[6]. Der Report schätzt, dass es in rund 190.000 Fällen zu schwerwiegenden Zwischenfällen kommt, von denen etwa 10 Prozent tödlich enden[6].

Die Diskrepanz zwischen den offiziell bestätigten Fällen und den Schätzungen erklärt sich zum Teil dadurch, dass viele Behandlungsfehler nicht erkannt oder gemeldet werden. Der MD geht davon aus, dass bei etwa einem Prozent aller stationären Behandlungen Fehler mit vermeidbaren Schäden auftreten, was jährlich etwa 168.000 Patienten betreffen würde[5].

Um die Patientensicherheit zu verbessern, fordert der MD die Einführung einer Meldepflicht für sogenannte „Never Events“ – schwerwiegende Fehler, die eigentlich nie passieren dürften, wie etwa Verwechslungen von Patienten oder Körperteilen[1][3]. Im Jahr 2023 wurden 151 solcher Fälle registriert[3].

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz kritisiert den Umgang mit Fehlern im Gesundheitssystem scharf. Eugen Brysch, Vorstand der Stiftung, bemängelt das Fehlen einer echten Fehlerkultur in Praxen und Pflegeheimen[4].

Trotz dieser alarmierenden Zahlen betont die Deutsche Krankenhausgesellschaft, dass die Sicherheitsstandards in den Kliniken so hoch seien wie nie zuvor[6]. Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery weist darauf hin, dass Behandlungsfehler nicht automatisch mit vorsätzlichem Fehlverhalten gleichzusetzen seien[6].

Um die Situation zu verbessern, empfehlen Experten verschiedene Maßnahmen, darunter die stärkere Nutzung von Fehlerberichtssystemen, eine bessere Sensibilisierung des medizinischen Personals und die Einführung eines Härtefallfonds für Betroffene, wie er im Koalitionsvertrag der Bundesregierung vorgesehen ist[3][4].

Quellen:
[1] Statistik zu medizinischen Behandlungsfehlern – 75 Tote im Jahr 2023 https://www.n-tv.de/politik/Statistik-zu-medizinischen-Behandlungsfehlern-75-Tote-im-Jahr-2023-article25175281.html
[2] Ärztliche Behandlungsfehler: Laut Statistik 75 tote Patienten in 2023 https://www.prosieben.de/serien/newstime/news/aerztliche-behandlungsfehler-laut-statistik75-tote-patienten-in2023-421579
[3] Fehler bei der ärztlichen Behandlung: Die Dunkelziffer ist hoch https://www.vdk.de/aktuelles/aktuelle-meldungen/artikel/fehler-bei-der-aerztlichen-behandlung-die-dunkelziffer-ist-hoch-never-event/
[4] Medizinischer Dienst 75 Tote nach Behandlungsfehlern – Tagesschau https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/statistik-behandlungsfehler-patienten-100.html
[5] Medizin-Bilanz: Viele Behandlungsfehler, 75 Tote – WDR https://www1.wdr.de/nachrichten/behandlungsfehler-kunstfehler-patienten-100.html
[6] AOK-Krankenhausreport – 19.000 Tote durch Behandlungsfehler https://www.deutschlandfunk.de/aok-krankenhausreport-19-000-tote-durch-behandlungsfehler-100.html


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