Künstlich entworfene Proteine basieren meist auf Bausteinen, die strengen Symmetrieregeln gehorchen. Ihre Struktur lässt sich daher in der Regel durch Computersimulationen vorhersagen. Doch es gibt Ausnahmen: Manche am Computer entworfenen Proteine weisen überraschende neue Strukturen oder Eigenschaften auf, die nützlich sein könnten. Ein internationales Team um Professorin Alena Khmelinskaia vom Department Chemie der LMU und Professor Neil King von der University of Washington hat nun herausgefunden, warum das so ist: Manche Proteine enthalten flexible Bausteine und können mehr als eine Struktur annehmen. Diese Erkenntnisse könnten neue Wege für die Entwicklung maßgeschneiderter Proteine eröffnen.
In ihrer Studie analysierten die Forscher drei Designer-Proteine, die im Experiment deutlich andere Strukturen aufwiesen als vorhergesagt. Diese Proteine werden folgendermaßen synthetisiert: Zunächst reagieren zwei oder drei der Ausgangsstoffe miteinander und bilden so genannte Dimere oder Trimere. Diese Dimere und Trimere sollen dann durch Selbstassemblierung hochsymmetrische Strukturen wie Ikosaeder oder Oktaeder ergeben. Doch nicht immer war dies der Fall: Neben den vorab berechneten Strukturen fanden die Forscher auch etliche Partikel, die deutlich größer waren oder sogar ganz andere Architekturen gebildet hatten.
Abweichende Proteine im Detail untersucht
„Um die Ursache dieser Abweichungen zu verstehen, haben wir diese drei Reaktionen im Detail charakterisiert“, sagt Khmelinskaia. Mit verschiedenen Untersuchungsmethoden wie Kryo-Elektronenmikroskopie und Massenspektrometrie sowie mathematischen, KI-gestützten Rechenmethoden und Simulationen kamen die Forscher der Hauptursache ihrer Beobachtung auf die Spur.
Wie die Wissenschaftler zeigen, gibt es in den untersuchten Proteinen kleine lokale Bereiche, die strukturell flexibel sind und sich nicht völlig starr verhalten. „Bemerkenswerterweise führt diese Flexibilität nicht nur zu einer undefinierten Polymorphie der Strukturen, sondern nur zu einer kleinen definierten Anzahl möglicher Strukturen – also zu Oligomorphie“, erklärt Khmelinskaia.
Die drei Proteine verhalten sich also ähnlich wie die natürlichen Proteine, die die Hüllen von Viren bilden oder die Bildung von Vesikeln unterstützen, nehmen dabei aber ganz unterschiedliche Größen und Formen an. „Der von uns beobachtete Oligomorphismus eröffnet interessante Perspektiven für die Entwicklung anpassbarer Proteine, die auf spezifische Anwendungen zugeschnitten sind“, sagt Khmelinskaia. „Die hier vorgestellten Designprinzipien könnten die Entwicklung maßgeschneiderter Protein-Nanomaterialien entscheidend voranbringen.“
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