Hamilton/Cleveland, 3. Juli 2025 – Ein bahnbrechender Fund von Forschern der McMaster University, der Cleveland Clinic und des Case Comprehensive Cancer Center könnte die Behandlung von Lungenkrebs-Hirnmetastasen revolutionieren. In einer Studie, veröffentlicht am 2. Juli 2025 in Science Translational Medicine, zeigen sie, wie das Protein BACE1, das lange Zeit mit der Alzheimer-Krankheit in Verbindung gebracht wurde, die Ausbreitung von Lungenkrebs ins Gehirn fördert. Diese Entdeckung eröffnet die Möglichkeit, ein bestehendes Alzheimer-Medikament zur Krebsbekämpfung umzuwidmen.
Hirnmetastasen, Tumore, die sich von anderen Körperregionen ins Gehirn ausbreiten, treten bei bis zu 40 Prozent der Patienten mit nicht-kleinzelligem Lungenkrebs auf und sind schwer zu behandeln. „Wir haben BACE1 immer mit der Alzheimer-Krankheit in Verbindung gebracht, daher ist es eine wichtige Entdeckung, dass es eine zentrale Rolle bei Lungenkrebs-Hirnmetastasen spielt“, sagt Sheila Singh, Hauptautorin der Studie, Direktorin des McMaster Centre for Discovery in Cancer Research und Professorin für Chirurgie.
Die Forscher nutzten eine innovative Technik, den sogenannten genomweiten in vivo CRISPR-Aktivierungsscreen, um Tausende Gene in Lungenkrebszellen systematisch zu aktivieren und diese in Mäusen zu implantieren. Dabei stellte sich heraus, dass eine Aktivierung von BACE1 die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass Krebszellen ins Gehirn gelangen. BACE1, bekannt dafür, bei Alzheimer die Bildung von Amyloid-Plaques durch das Schneiden des Proteins APP auszulösen, spielt somit unerwartet auch in der Krebsmetastasierung eine Schlüsselrolle.
Die Entdeckung eröffnet neue therapeutische Perspektiven, da ein BACE1-hemmendes Medikament namens Verubecestat bereits existiert. In präklinischen Studien führte Verubecestat bei Mäusen zu weniger und kleineren Tumoren sowie einer längeren Lebensdauer. Obwohl das Medikament in einer 2018 eingestellten Phase-3-Studie zur Alzheimer-Behandlung kein günstiges Nutzen-Risiko-Verhältnis zeigte, könnte es in der Krebsbehandlung neue Hoffnung bieten. „Die Entdeckung von BACE1 öffnet die Tür, um bestehende Behandlungen wie Verubecestat neu zu nutzen, um die Ausbreitung von Lungenkrebs ins Gehirn zu verhindern oder zu verlangsamen, wo die Behandlungsmöglichkeiten derzeit sehr begrenzt sind“, erklärt Singh.
Shideng Bao, ko-korrespondierender Autor und Forscher in der Abteilung für Krebsbiologie der Cleveland Clinic, betont die Bedeutung der Zusammenarbeit: „Diese Studie zeigt, wie interdisziplinäre Partnerschaften zu Durchbrüchen beim Verständnis und der Behandlung verheerender Krankheiten wie Hirnmetastasen führen können. Durch die Identifizierung von BACE1 als Schlüsselakteur haben wir einen vielversprechenden neuen Weg für therapeutische Interventionen entdeckt, der die Ergebnisse für Patienten verbessern könnte.“
Die Forscher mahnen jedoch, dass weitere Studien nötig sind, um die Wirksamkeit und Sicherheit von BACE1-Inhibitoren wie Verubecestat bei Lungenkrebs-Patienten zu validieren. Dennoch markiert die Entdeckung einen bedeutenden Fortschritt. Das Team um Sheila Singh, das bereits Wege aufdeckte, wie Krebszellen ins Gehirn gelangen, unterstreicht mit dieser Arbeit die Potenziale interdisziplinärer Forschung, die Alzheimer- und Krebsforschung auf unerwartete Weise verbindet.
Die Studie wurde unter anderem vom Boris Family Fund for Brain Metastasis Research, der Canadian Cancer Society und der Cancer Research UK gefördert, was die globale Relevanz dieser Forschung unterstreicht. Mit der Aussicht, bestehende Medikamente umzuwidmen, könnte dieser Ansatz die Behandlung einer der schwerwiegendsten Komplikationen von Lungenkrebs nachhaltig verbessern.
Original Paper:
A genome-wide in vivo CRISPR activation screen identifies BACE1 as a therapeutic vulnerability of lung cancer brain metastasis | Science Translational Medicine
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