Seit der Übernahme von Twitter durch Elon Musk im Oktober 2022 und der Umbenennung zur Plattform X im Juli 2023 hat sich das soziale Netzwerk als Symbol für „freie Meinungsäußerung“ etabliert. Musk, der sich selbst als „Free-Speech-Absolutist“ bezeichnet, versprach eine Revolution gegen die angebliche Zensur der Vorgängerleitung. Doch zwei Jahre später häufen sich Vorwürfe, dass X unter seiner Führung subtilere, aber ebenso effektive Methoden der Unterdrückung einsetzt – vor allem durch algorithmische Manipulationen, die unliebsame Inhalte unbemerkt in den Hintergrund drängen. Dieser Bericht beleuchtet die Entwicklung der Plattform, die Mechanismen der „unsichtbaren Zensur“ und die Kontroversen, die X in eine rechte Echokammer verwandelt haben. Basierend auf Transparenzberichten, Gerichtsverfahren, Nutzerberichten und Expertenanalysen wird klar: Musks Versprechen von Transparenz und Freiheit stoßen an Grenzen, die oft politisch motiviert wirken.
Die Transformation von Twitter zu X: Von der „digitalen Agora“ zur Kontrollierten Blase
Als Elon Musk Twitter für 44 Milliarden US-Dollar erwarb, kritisierte er scharf die alte Führung unter Jack Dorsey. In den sogenannten „Twitter Files“ – internen Dokumenten, die Musk mit konservativen Journalisten wie Matt Taibbi und Bari Weiss teilte – wurde angeblich eine systematische Unterdrückung konservativer Stimmen enthüllt. Musk argumentierte, die Plattform sei von liberalen Eliten infiltriert, die Inhalte wie die Hunter-Biden-Laptop-Geschichte oder konservative Posts shadowbannierten – also unsichtbar machten, ohne Benutzer zu benachrichtigen. Er entließ massiv Mitarbeiter im Trust-and-Safety-Bereich, löste den Rat für Vertrauen und Sicherheit auf und versprach: „Freedom of speech, not freedom of reach“ – freie Rede, aber keine Garantie auf Reichweite.
Unter Musk wuchs X jedoch in eine andere Richtung. Die Plattform wurde zu einem Megafon für rechte Narrative: Musk selbst, mit über 200 Millionen Followern, postet regelmäßig über Einwanderung, „Woke-Mind-Virus“ und Unterstützung für Donald Trump. Studien zeigen, dass der Algorithmus pro-Trump-Inhalte doppelt so oft empfiehlt wie pro-Harris-Beiträge, und 10 der 14 am stärksten gepushten Accounts sind konservativ. Liberale Nutzer berichten von sinkender Sichtbarkeit, während extreme Rechte – wie Accounts von Katie Hopkins oder Tommy Robinson – wieder zugelassen wurden. Die Nutzerbasis verschob sich: Millionen Liberale flohen zu Alternativen wie Threads oder Bluesky, was X weiter nach rechts rückte.
Musk betont, der Algorithmus sei open-source und transparent. Doch Kritiker sehen hier den Kern der „unsichtbaren Zensur“: Der Code ist öffentlich, aber die tatsächliche Anwendung – trainiert mit Grok-KI – priorisiert Inhalte, die „unregretted user-seconds“ maximieren, also Zeit, die Nutzer ohne Reue verbringen. Links zu externen Seiten werden depriorisiert, wenn sie Nutzer zu schnell wegführen; „negative“ oder „hate“-Inhalte werden „max deboosted“. Musk selbst räumt ein: „Negative/Hate-Tweets will be max deboosted.“ Das klingt neutral, wirkt aber selektiv – vor allem gegen Kritiker Musks.
Unbemerkt zensiert: Der Algorithmus als unsichtbares Schwert
Die Kernvorwürfe drehen sich um Shadowbanning: Inhalte werden nicht gelöscht, sondern unsichtbar gemacht. Musk versprach 2022, Nutzer über Shadowbans zu informieren und Appeals zu ermöglichen. Doch ein Jahr später gab er zu, dass dies schwierig sei. Transparenzberichte von X zeigen: Zwischen Januar und Juni 2024 genehmigte die Plattform 71 Prozent der Regierungsanfragen zur Inhaltsentfernung – mehr als unter der alten Twitter-Führung. Länder wie Türkei (83 Prozent Compliance), Indien und Japan profitieren davon: Kritik an Präsident Erdogan oder Premierminister Modi wurde während Wahlen blockiert. Musk rechtfertigt dies mit „Notwendigkeit“ – andernfalls würde X gesperrt.
Intern zensiert X vor allem Musks Kritiker. Im November 2023 wurden Accounts, die Musk oder rechte Extremisten kritisieren, in Suchvorschlägen unterdrückt. Journalisten wie Ken Klippenstein (The Intercept) oder Steven Monacelli (Texas Observer) wurden suspendiert, nachdem sie Musk kritisierten. Im Dezember 2024 verloren 14 konservative Accounts – darunter Laura Loomer und Nick Fuentes – ihren Premium-Status und Monetarisierungsrechte, nachdem sie Musks pro-immigrationspolitische Haltung (z. B. zu H-1B-Visas) angegriffen hatten. Loomer nannte Musk einen „Hypokriten“: „Das sendet eine Botschaft an die Trump-Basis: Ihr werdet zensiert, wenn ihr gegen Elon geht.“ Musk konterte: „Erster Amendment schützt freie Rede, nicht bezahlte.“
Der Algorithmus verstärkt dies: Kleine Accounts, die nicht zu Musks Weltbild passen, erhalten null Engagement. Musk kündigte Grok-Updates an, die „Banger-Posts“ von Neuen pushen sollen, doch Kritiker wie Tim Urban beklagen eine „Wüste rechter Trolle“. Externe Links (z. B. zu kritischen Artikeln) reduzieren die Reichweite, da der Algo „user-seconds“ priorisiert. Musk selbst: „Der Algorithmus ist hart zu verbessern.“
Kontroversen und internationale Spannungen: Zensur als Doppelmoral
X steht vor Gericht: Im Juni 2025 verklagte Musk New Yorks „Stop Hiding Hate Act“, der Hassrede-Transparenz fordert – er nennt es „Propaganda-Wort für Zensur“. In der EU drohen Strafen unter dem Digital Services Act (DSA) für Desinformation; Musk nennt es „massive EU-Zensur“. In Brasilien wehrte er sich gegen Richter Alexandre de Moraes‘ Anordnungen, Accounts zu blocken – doch nur, weil es um Bolsonaro-Unterstützer ging.
Nutzerberichte auf X selbst unterstreichen die Doppelmoral: Konservative wie Loomer fühlen sich zensiert, Liberale sehen eine rechte Voreingenommenheit. Musk postet gegen doch X complyt mit autoritären Regierungen höher als je zuvor. Experten wie Yoel Roth (ex-Twitter-Trust-and-Safety) warnen: Die Massenentlassungen haben X anfälliger für Desinformation gemacht, von Kindesmissbrauch bis zu Wahllügen.
Fazit: Freie Rede oder Musks Echo?
X unter Elon Musk ist kein reiner Freiraum, sondern ein kontrolliertes Ökosystem. Der Algorithmus, der „Negativität“ minimiert und rechte Inhalte boostet, zensiert unbemerkt – sei es durch Deboosting, Premium-Entzug oder Compliance mit Staaten. Musks Kritik an Zensur gilt scheinbar nur, wenn sie seinen Interessen dient; Kritiker von links und rechts berichten von Unterdrückung. 19 Während Musk Grok-Updates ankündigt, um den Algo zu „dramatisch verbessern“, bleibt die Frage: Ist X eine Plattform für Debatte oder ein Werkzeug für Musks Agenda? Die Nutzerzahlen sinken (Wertverlust auf 21 Prozent des Kaufpreises), und die EU-Untersuchung läuft. Ohne echte Transparenz droht X, zur nächsten Zensurmaschine zu werden – nur mit anderem Bias.
Dieser Bericht basiert auf öffentlichen Quellen, Transparenzdaten und Nutzerfeedback. LabNews Media LLC fordert X auf, detailliertere Algo-Insights zu teilen.
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