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Zinssenkungen als Wachstumsmotor für die US-Pharmabranche

Die von Donald Trump geforderten Zinssenkungen könnten der US-Pharmaindustrie einen kräftigen Schub verleihen. Unternehmen wie Pfizer, Moderna und Amgen könnten von niedrigeren Finanzierungskosten und steigenden Investitionen profitieren. Doch Inflation, Preisdruck und Zollpolitik bergen Risiken, die eine differenzierte Analyse erforderlich machen.

Die US-Pharmaindustrie, ein globaler Innovationsführer, steht vor komplexen Herausforderungen: Hohe Forschungs- und Entwicklungskosten, auslaufende Patente und politischer Preisdruck prägen die Branche. In diesem Umfeld hat Präsident Donald Trump wiederholt Zinssenkungen durch die Federal Reserve (Fed) gefordert, um die Wirtschaft zu stimulieren. Im September 2024 senkte die Fed den Leitzins um 50 Basispunkte auf 4,75–5,00 %, und Trump drängt auf weitere Lockerungen. Dieser Bericht analysiert, wie Zinssenkungen die US-Pharmabranche, insbesondere Unternehmen wie Pfizer, Moderna, Amgen und Gilead Sciences, beeinflussen könnten, und beleuchtet Chancen sowie Risiken anhand konkreter Fakten.

Der Kontext: Trumps Zinspolitik und die Pharmabranche

Die US-Pharmaindustrie erwirtschaftete 2024 Umsätze von etwa 451 Milliarden US-Dollar, mit einem prognostizierten Wachstum auf 562 Milliarden bis 2028. Doch die Branche steht unter Druck: Bis 2030 laufen Patente für rund 200 Medikamente aus, was Umsatzeinbußen von über 200 Milliarden US-Dollar jährlich bedeuten könnte. Gleichzeitig hat Trump per Dekret Preissenkungen für Medikamente um bis zu 90 % angekündigt, was die Margen bedroht. Zinssenkungen könnten hier als Katalysator wirken, um Investitionen zu fördern und die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.

Die Fed hat seit September 2024 die Zinsen um 100 Basispunkte gesenkt, doch die Inflation bleibt hartnäckig: Im Februar 2025 stiegen die US-Importpreise um 0,4 %, und die Kerninflation lag bei 2,8 %. Trump argumentiert, dass niedrigere Zinsen Unternehmen wie Pfizer oder Amgen entlasten und den Konsum ankurbeln könnten, was besonders für die Pharmabranche relevant ist, da Gesundheitsausgaben in den USA 18 % des BIP ausmachen.

Niedrigere Finanzierungskosten: Ein Schub für Forschung und Entwicklung

Die Entwicklung neuer Medikamente ist teuer – die Kosten für ein neues Arzneimittel liegen oft bei 1–2 Milliarden US-Dollar. Unternehmen wie Moderna, die 2024 rund 3 Milliarden US-Dollar in F&E investierten, oder Gilead Sciences, die sich auf antivirale Therapien spezialisiert, finanzieren solche Projekte häufig über Kredite oder Anleihen. Niedrigere Zinsen reduzieren die Zinskosten und ermöglichen es, mehr Kapital in innovative Therapien zu stecken, etwa in mRNA-Technologien (Moderna) oder Krebsimmuntherapien (Amgen).

Kleinere Biotech-Firmen profitieren besonders. Laut Morgan Stanley verfügen Venture-Capital-Fonds über 260 Milliarden US-Dollar uninvestiertes Kapital, das bei sinkenden Zinsen in Start-ups fließen könnte. Ein Beispiel ist BioNTech, das mit Pfizer die mRNA-Impfstoffe entwickelte und 2024 einen Umsatz von 3,8 Milliarden Euro erzielte. Zinssenkungen könnten Börsengänge solcher Unternehmen erleichtern, da Investoren bei niedrigen Kapitalkosten risikofreudiger sind. 2024 gab es in den USA 22 Biotech-IPOs, und weitere Zinssenkungen könnten diese Zahl 2025 steigern.

Fusionen und Übernahmen: Strategische Expansion

Niedrigere Zinsen fördern Fusionen und Übernahmen (M&A), ein zentrales Wachstumsinstrument in der Pharmabranche. 2024 belief sich das globale M&A-Volumen in der Branche auf 184 Milliarden US-Dollar. Unter Trumps erster Amtszeit stiegen M&A-Aktivitäten, da seine unternehmensfreundliche Politik die Regulierung lockerte. Ein Beispiel ist die Übernahme von Horizon Therapeutics durch Amgen für 27,8 Milliarden US-Dollar 2023, die trotz regulatorischer Hürden zustande kam.

Pfizer, das 2023 Seagen für 43 Milliarden US-Dollar übernahm, könnte bei niedrigeren Zinsen weitere Akquisitionen tätigen, etwa im Bereich Onkologie. Moderna, das seine Pipeline diversifizieren will, könnte kleinere Biotech-Firmen ins Visier nehmen, die an personalisierten Krebsimpfstoffen arbeiten. Analysten erwarten, dass eine Rücknahme der strengen FTC-Regulierung unter Trump M&A-Aktivitäten 2025 um 25 % steigern könnte. Allerdings bleibt Unsicherheit, da die FTC unter Vorsitzendem Andrew Ferguson bestehende Kartellregeln beibehalten will, was Großfusionen wie die von Amgen erschweren könnte.

Belebung des Binnenmarkts: Steigende Nachfrage

Niedrigere Zinsen machen Kredite für Verbraucher günstiger, was den Konsum steigert. In den USA, wo 165 Millionen Menschen über Arbeitgeber krankenversichert sind, könnte ein gestärkter Arbeitsmarkt die Nachfrage nach Medikamenten erhöhen. Besonders profitieren könnten Unternehmen wie Eli Lilly, deren Diabetes-Medikament Mounjaro 2024 Umsätze von 5,2 Milliarden US-Dollar erzielte, oder Novo Nordisk, dessen Adipositas-Medikament Wegovy ähnliche Erfolge feiert. Diese „Blockbuster“-Medikamente, deren Therapiekosten oft 10.000–20.000 US-Dollar jährlich betragen, könnten von einer höheren Zahlungsbereitschaft profitieren.

Zudem könnte ein Anstieg der privat Versicherten die Nachfrage nach Spezialtherapeutika steigern. Amgen, das mit Blincyto (gegen Leukämie) jährlich 1,2 Milliarden US-Dollar verdient, könnte von einer wachsenden Patientenbasis profitieren. Laut einer Studie von Freedonia wird der Markt für Biopharmazeutika bis 2028 jährlich um 16 % wachsen, angetrieben von solchen Therapien.

Risiken: Inflation, Zollpolitik und Preisdruck

Trotz der Chancen bergen Zinssenkungen Risiken. Eine zu lockere Geldpolitik könnte die Inflation weiter antreiben. Im Februar 2025 stiegen die Produktionskosten in der Industrie um 0,6 %, was Pharmaunternehmen wie Pfizer belastet, die für Wirkstoffe auf globale Lieferketten angewiesen sind. Höhere Rohstoff- und Energiekosten könnten die Margen drücken, insbesondere bei Generika-Herstellern wie Teva, deren Gewinnspannen ohnehin niedrig sind.

Trumps Zollpolitik verschärft die Lage. Obwohl Medikamente derzeit von den 20 %-Zöllen auf EU-Importe ausgenommen sind, könnten Zölle auf Vorprodukte wie sterile Schläuche oder chemische Grundstoffe die Produktionskosten erhöhen. Bayer-Chef Bill Anderson warnte, dass Zölle die Versorgung gefährden könnten, da die USA 2024 Pharmazeutika im Wert von 12,1 Milliarden US-Dollar importierten. Dies betrifft auch US-Unternehmen wie Gilead, die Vorprodukte aus Asien beziehen.

Der größte Risikofaktor ist Trumps Preisregulierung. Sein Dekret vom Mai 2025 zielt darauf ab, Medikamentenpreise an die niedrigsten Preise anderer Industrieländer zu koppeln, was die Erlöse von Unternehmen wie Pfizer (Lipitor) oder Amgen (Enbrel) bedroht. Laut einer Studie von Simon-Kucher könnte dies die F&E-Budgets um 15–20 % kürzen, was langfristig Innovationen bremst. Moderna, das stark von US-Erlösen abhängt, könnte gezwungen sein, Preise in Europa zu erhöhen, was den globalen Wettbewerb verschärft.

Globale Implikationen: Druck auf Europa

Die Zinssenkungen wirken sich auch auf Europa aus. Die USA sind der wichtigste Exportmarkt für deutsche Pharmaunternehmen wie Bayer, die 2024 Waren im Wert von 27 Milliarden Euro in die USA lieferten. Niedrigere Zinsen könnten die Nachfrage nach europäischen Medikamenten steigern, doch Trumps Preispolitik erhöht den Druck, Preise in Europa anzuheben. Dies könnte Unternehmen wie Roche oder Novartis, die 50 % ihrer Exporte in die USA liefern, zwingen, ihre Strategien anzupassen.

Zudem könnten US-Unternehmen durch günstigere Finanzierungen ihre Innovationskraft stärken. Pfizer investierte 2024 10,7 Milliarden US-Dollar in F&E, während europäische Konkurrenten wie AstraZeneca bei 9,8 Milliarden lagen. Ein Kapitalabfluss nach den USA könnte die europäische Pharmabranche schwächen, insbesondere in Bereichen wie Biotechnologie.

Langfristige Perspektiven: Wachstum oder Instabilität?

Langfristig könnten Zinssenkungen die US-Pharmaindustrie stärken, wenn Unternehmen wie Moderna oder Amgen die günstigen Bedingungen für Innovationen und Expansion nutzen. Der Ausbau heimischer Produktion, wie von Trump gefordert, könnte Abhängigkeiten von China reduzieren, wo 40 % der pharmazeutischen Vorprodukte herkommen. Doch eine Blasenbildung droht: Überhöhte Bewertungen, wie bei Biotech-Aktien 2021, könnten bei zu schnellen Zinssenkungen erneut auftreten.

Fazit: Chancen mit Hürden

Die von Trump geforderten Zinssenkungen bieten der US-Pharmaindustrie, insbesondere Unternehmen wie Pfizer, Moderna und Amgen, erhebliche Chancen: Niedrigere Finanzierungskosten, mehr M&A-Aktivitäten und ein gestärkter Binnenmarkt könnten Innovationen und Wachstum fördern. Doch Inflation, Zollpolitik und Preisdruck drohen, die positiven Effekte einzuschränken. Entscheidend wird sein, wie die Fed die Geldpolitik balanciert und wie Unternehmen die Rahmenbedingungen nutzen. Die US-Pharmabranche steht vor einer entscheidenden Phase – mit globalen Folgen.

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