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DNA-Analyse enthüllt Geheimnisse früher Europäer

Von den ersten modernen Menschen, die Europa erreichten, als dort noch Neandertaler siedelten, konnten bisher nur wenige Genome sequenziert werden. Einem internationalen Team unter der Leitung des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie in Leipzig ist es nun gelungen, die bislang ältesten Genome moderner Menschen zu entschlüsseln. Sie stammen von sieben Individuen, die vor 42.000 bis 49.000 Jahren in Ranis (Thüringen) und Zlatý kůň (Tschechische Republik) lebten und zu einer kleinen, eng verwandten Gruppe von Menschen gehörten, die sich erst vor etwa 50.000 Jahren von der Population abspaltete, die Afrika verließ und dann den Rest der Welt besiedelte.


In einer Studie hat das Forschungsteam die gesamten Genome der dreizehn Knochenfragmente aus Ranis entschlüsselt und festgestellt, dass sie mindestens sechs Individuen zugeordnet werden können. Die Größe der Knochenfragmente deutet darauf hin, dass zwei dieser Individuen Kleinkinder waren. Drei waren genetisch männlich und drei genetisch weiblich. Interessanterweise befanden sich unter diesen Individuen eine Mutter und ihre Tochter sowie weitere entfernte biologische Verwandte. Darüber hinaus sequenzierte das Team erneut DNA aus dem Schädel von Zlatý kůň und rekonstruierte ein qualitativ hochwertiges Genom dieser Frau. „Zu unserer großen Überraschung entdeckten wir eine genetische Verwandtschaft fünften oder sechsten Grades zwischen der Frau aus Zlatý kůň und zwei Individuen aus Ranis“, sagt Erstautorin Arev Sümer. “Die Gruppe, zu der die Frau aus Zlatý kůň gehörte, war also genetisch Teil der Raniser ‚Großfamilie‘ und hat wahrscheinlich auch Werkzeuge vom Typ LRJ hergestellt.“

Eines der Knochenfragmente der sechs Individuen von Ranis war besonders gut erhalten. Es handelt sich dabei sogar um den für die DNA-Extraktion am besten erhaltenen Knochen eines modernen Menschen aus der Eiszeit. Dies ermöglichte es dem Team, ein qualitativ hochwertiges Genom des männlichen Individuums „Ranis13“ zu erstellen. Die Genome von Ranis13 und Zlatý kůň sind die ältesten qualitativ hochwertigen Genome moderner Menschen, die bisher sequenziert wurden. Bei der Analyse genetischer Varianten im Zusammenhang mit phänotypischen Merkmalen stellten die Forschenden fest, dass die Individuen aus Ranis und Zlatý kůň Varianten trugen, die mit dunkler Haut- und Haarfarbe sowie braunen Augen assoziiert sind, was wohl ein Resultat des jüngeren afrikanischen Ursprungs dieser frühen europäischen Population ist.

Anhand der Genome von Ranis und Zlatý kůň konnten die Forschenden auch abschätzen, dass die Population höchstens einige hundert Individuen umfasste, die über mehrere Generationen ein größeres Gebiet bewohnten. Die Autoren fanden keine Hinweise darauf, dass diese kleine Population früher Europäer zu den heutigen europäischen oder anderen Populationen weltweit beigetragen hat.

Illustration der Gruppe aus Zlatý kůňRanis Vor etwa 45000 Jahren zogen Menschen aus Ranis in Thüringen und aus Zlatý kůň in Tschechien vermutlich gemeinsam durch die offenen Steppenlandschaften Europas
© Tom Björklund für Max Planck Institut für evolutionäre Anthropologie

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https://www.nature.com/articles/s41586-024-08420-x


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